Gesundheitswesen 2005; 67 - P35
DOI: 10.1055/s-2005-920623

Schichtspezifische Unterschiede im Vorkommen psychischer Störungen

S Schneider 1, T Lampert 1, M Klose 2, F Jacobi 2
  • 1Robert Koch Institut
  • 2Technische Universität Dresden

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Zahlreiche internationale Studien zeigen, dass sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen verstärkt von psychischen Krankheiten und Störungen betroffen sind. Für Deutschland liegen hierzu bislang keine repräsentativen Ergebnisse vor. Untersucht wird der Zusammenhang von sozialer Schichtzugehörigkeit und psychischer Gesundheit, insbesondere von Angststörungen, affektiven Störungen, somatoformen Störungen und Substanzstörungen. Material und Methoden: Als Datengrundlage dient das Zusatzmodul „Psychische Gesundheit“ des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (N=4.181, Alter=18–65 Jahre), welches erstmals repräsentative Informationen zur Prävalenz psychischer Störungen in der deutschen Bevölkerung bereitstellte. Angststörungen, affektive Störungen, somatoforme Störungen und Substanzstörungen wurden entsprechend den international anerkannten Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV diagnostiziert. Um den Einfluss der Schichtzugehörigkeit (Winkler-Index) auf das Vorkommen psychischer Störungen zu ermitteln, wurden logistische Regressionen durchgeführt (Stata Version 8.0). Ergebnisse: Die Daten weisen auf einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der sozialen Schichtzugehörigkeit und der psychischer Gesundheit hin. Angehörige der Unterschicht sind deutlich häufiger von psychischen Störungen betroffen als Mittel- und Oberschichtsangehörige. Während bei Männern aus der Unterschicht alle betrachteten psychischen Störungen häufiger auftreten (Angststörungen OR=2,42; affektive Störungen OR=1,79; somatoforme Störungen OR=2,06; Substanzstörungen OR=1,62; Referenz=Oberschicht), zeigt sich bei Frauen ein schichtspezifischer Zusammenhang besonders bei affektiven und Substanzstörungen (OR=2,04 bzw. 2,48). Schlussfolgerungen und Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass erheblicher Handlungsbedarf hinsichtlich einer schichtspezifischen Versorgung psychischer Erkrankung besteht und ein Zugang zu der von psychischen Störungen besonders betroffenen Unterschicht gefunden werden muss.