Gesundheitswesen 2005; 67 - V76
DOI: 10.1055/s-2005-920570

Rauchen und chronisch destruktive Parodontalerkrankung – Eine Literaturübersicht

H Senkel 1, J Bergström 2
  • 1Ennepe-Ruhr-Kreis, Fachbereich Gesundheit
  • 2Karolinska Institut, Stockholm

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Der internationalen Literatur der letzten 20 Jahre zu Folge weisen Raucher häufiger parodontale Taschen, einen größeren Knochen- und Attachmentverlust und einen höheren Zahnverlust als Nichtraucher auf. Das Risiko der chronisch destruktiven Parodontalerkrankung (PA) ist in Abhängigkeit von der Definition der Erkrankung und der Raucherexposition um das 5-bis 20fache erhöht im Vergleich zu Individuen, die niemals rauchten. Das Erkrankungsrisiko einer destruktiven PA und eines Lungenkarzinoms ist bei lebenslangem starken Rauchen gleich hoch. Material und Methoden: Langzeituntersuchungen zeigen übereinstimmend, dass unabhängig vom therapeutischen Vorgehen Misserfolge und Rezidive nach einer Paradontalbehandlung vorrangig bei Rauchern auftreten. Die subgingivale Mikroflora bei Rauchern und Nichtrauchern unterscheidet sich nicht. Die erhöhte Morbidität von PA bei Rauchern steht in keiner Beziehung zu einer speziellen Mikroflora. Die destruktiven Mechanismen des Rauchens auf das parodontale Gewebe sind noch nicht vollständig geklärt. Das Ineinandergreifen von vaskulären und entzündlichen Phänomenen könnte eine Ursache sein. So beeinflussen Nikotin und Kohlenmonoxid im Tabakrauch nachweislich negativ die Wundheilung. Jüngste Forschungsergebnisse stellen das Paradigma der Auslösung von chronisch destruktiven PA durch die sub- und supragingivale Infektion infrage. Für den Ausbruch und das Fortschreiten der Erkrankung werden Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten verantwortlich gemacht. Ergebnis: Im Ergebnis des Rauchens werden neben der PA etwa 40 andere Erkrankungen beobachtet. Die PA sollten wie Herz- und Lungenerkrankungen als systemische Erkrankungen angesehen werden. Die chronisch destruktive PA wird durch das Rauchen ausgelöst und erhalten. Ihre Progression kann durch die obligat mikrobielle Kolonisation verstärkt werden. Zigarettenrauchen ist der entscheidende Risikofaktor für die Auslösung und Progression der chronisch destruktiven PA.