Gesundheitswesen 2005; 67 - V72
DOI: 10.1055/s-2005-920566

Graduierte Rückenschmerzen (RS) und die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen – Ergebnisse der DFRS-Rückenschmerzstudie

CO Schmidt 1, T Kohlmann 1, K Lange 1, M Pfingsten 2, M Hasenbring 3, HD Basler 4, W Eich 5, H Raspe 6
  • 1Institut für Community Medicine, Univ. Greifswald
  • 2Ambulanz für Schmerzbehandlung, Zentrum Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin, Univ. Göttingen
  • 3Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Ruhr-Univ. Bochum
  • 4Institut für Medizinische Psychologie, Univ. Marburg
  • 5Innere Medizin und Psychosomatik, Universitätsklinikum Heidelberg
  • 6Institut für Sozialmedizin, Universitätsklinikum Lübeck

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: RS sind ein häufiger Anlass für die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Dieser Beitrag untersucht den Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der RS und der Nutzung medizinischer Ressourcen. Material und Methoden: Bei der DFRS-Rückenschmerzstudie handelt es sich um eine populationsbezogene multizentrische Längsschnittstudie. Der Baseline-Survey umfasst 15750 Frauen und Männer im Alter von 18–75 Jahren. Die postalisch befragten Surveyteilnehmer wurden per Zufall aus den Einwohnermelderegistern der beteiligten Städte und Regionen gezogen (Bochum, Göttingen, Heidelberg, Lübeck, Marburg). Die Rücklaufquote betrug nach bis zu 2 Erinnerungen 61%. Der Schweregrad der RS wurde nach Von-Korff bestimmt. Ergebnisse: Von den 65% Betroffenen mit RS in den drei Monaten vor der Erhebung gaben 75% leichte RS (Grad I), 12% starke RS mit geringen Funktionsbeeinträchtigungen (Grad II) und 14% RS mit hohen Funktionsbeeinträchtigungen (Grad III-IV) an. Im Befragungszeitraum von 3 Monaten suchten etwa 30% der Betroffenen einen Arzt auf oder nahmen Schmerzmedikamente. Physiotherapeutische Maßnahmen erhielten knapp 20%. Stationäre Aufenthalte (Akut- oder Rehaklinik) waren mit knapp 1% selten. Der Schweregrad der RS (Grad I-II vs. Grad III-IV) prädiziert die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen gut (OR=3,5–13). Der engste Bezug besteht zu stationären Maßnahmen. 57% der Konsultationen, 63% der Tage mit Medikamentennutzung sowie 40% der physiotherapeutischen Maßnahmen wurden durch RS vom Grad III-IV verursacht. Schlussfolgerungen und Diskussion: Schwergradige RS sind mit einer hohen Inanspruchnahme medizinischer Leistungen assoziiert. Dennoch haben leichtgradige RS einen relevanten Anteil am Gesamtvolumen des Ressourcenverbrauchs (40–60%). Bei der Planung von Präventions- und Interventionsstrategien sollten deshalb sowohl schwer- als auch leichtgradige RS angemessen berücksichtigt werden.