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DOI: 10.1055/s-2005-920543
Sozialmedizinische Begutachtung von Rehabilitationsbedarf: Ergebnisse zur Evaluation eines Entscheidungsalgorithmus
Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Zur sozialmedizinischen Begutachtung des Rehabilitationsbedarfs liegen noch keine empirisch begründeten Entscheidungshilfen vor. Im Forschungsprojekt „Operationalisierung und Erprobung der (Haupt-)Kriterien zur Begutachtung des Reha-Bedarfs der Rentenversicherung in Form eines Entscheidungsalgorithmus“ wird ein Entscheidungsverfahren auf Basis relevanter Bedarfskriterien entwickelt und in der sozialmedizinischen Begutachtung evaluiert. Material und Methoden: Auf Basis von zwei Delphi-Expertenbefragungen wurde ein Entscheidungsalgorithmus gebildet und in einem kontrollierten, prospektiven, längsschnittlichen Design in der sozialmedizinischen Begutachtung der fünf bayerischen LVAen evaluiert. Untersucht wurden Zeitstichproben von Antragstellern mit muskuloskelettalen Erkrankungen (N=641). Die gängige diagnostische Entscheidungsprozedur wird der Entscheidungsfindung mit Bearbeitung des Algorithmus gegenübergestellt und mit Verlaufsdaten (Klinikarzteinschätzung, Selbstbeurteilung, objektive Versichertendaten) verglichen. Ergebnisse: Die 13 Bedarfskriterien des Algorithmus weisen teilweise eine eingeschränkte Beurteilbarkeit nach Aktenlage auf; dabei ist die Anzahl der beurteilbaren Kriterien ein signifikanter Prädiktor der Reha-Empfehlungen der Prüfärzte. Des Weiteren erwiesen sich die Kriterien Funktionseinschränkungen, Reha-Erfolgsprognose, Schmerzen, Berufliche Belastung, Reha- und Änderungsmotivation und Schulungsbedarf/Bedarf an gesundheitsbildenden Maßnahmen als signifikante Prädiktoren der Reha-Empfehlungen. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die Ergebnisse belegen die empirische Relevanz einiger Bedarfskriterien für die Reha-Empfehlungen der Sozialmediziner sowie deren prospektive Validität. Aufgrund der eingeschränkten Beurteilbarkeit einzelner Kriterien nach Aktenlage ist eine praktische Umsetzung des Entscheidungsalgorithmus als globale Beurteilungsskala nicht möglich. Die Ergebnisse zeigen einen Bedarf an Maßnahmen zur Verbesserung der Entscheidungsbasis nach Aktenlage.