Gesundheitswesen 2005; 67 - V35
DOI: 10.1055/s-2005-920529

Arbeitsunfähigkeitsbegutachtung bei psychischen Erkrankungen

C Keitel 1, K Hufnagel 1, N Rösler 2, H Bucher 3
  • 1MDK Sachsen-Anhalt
  • 2MDK Berlin-Brandenburg
  • 3MDK Sachsen-Anhalt

Hintergrund/Ziele/Forschungsfrage: Die Zeiten für Arbeitsunfähigkeit (AU) von Versicherten mit psychischen Erkrankungen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Beispielsweise wiesen die AU-Zeiten für berufstätige Mitglieder einer Ersatzkasse im direkten Vergleich der Jahre 1997 und 2002 einen Anstieg um 51% auf. Material und Methoden: Es wurden die AU-Begutachtungen mit körperlicher Untersuchung (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt) für ausgewählte F-Diagnose-Gruppen der Jahre 2001 bis 2003 ausgewertet. Dabei wurden sechs ICD-10-Gruppen gebildet. Die Gutachten wurden über die AU-begründende Hauptdiagnose identifiziert, systematisch erfasst und retrospektiv analysiert. Ergebnisse: Im genannten Zeitraum wurden 4.069 körperliche Untersuchungen durchgeführt, davon entfielen 1.500 Begutachtungen auf Versicherte mit affektiven Störungen. Die Zeitdauer zwischen AU-Beginn und Erstbegutachtung lag bei 119 Tagen (Median). Die Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit wurde bei 13,3% aller Begutachtungen empfohlen, bei Versicherten mit der Diagnose einer somatoformen Störung in 20,4% der Fälle. Im genannten Zeitraum wurde über alle Diagnosegruppen bei 40,2% der Versicherten eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit gesehen und die Bedingungen des § 51 (1) SGB V als medizinisch begründet eingeschätzt. Die Verfahren gemäß § 51 SGB V haben von 2001 zu 2003 signifikant zugenommen. 96,8% der Untersuchten hatten im Vorfeld der Begutachtung keinen Krankenhausaufenthalt bezüglich der F-Diagnosen in Anspruch genommen. In 63,4% der Fälle hatte der Hausarzt die AU bescheinigt, in etwa 25% der Fälle der Facharzt für Neurologie /Psychiatrie. Schlussfolgerungen und Diskussion: Eine frühzeitige Vorlage zur sozialmedizinischen Fallberatung und Begutachtung kann bei Versicherten mit AU durch eine psychische Erkrankung vorgeschlagen werden, um Chronifizierungen des Krankheitsgeschehens entgegenwirken zu können und die Gesamtdauer der AU möglichst zu verkürzen.