Gesundheitswesen 2005; 67 - V23
DOI: 10.1055/s-2005-920517

Ein systematischer Review zur Wirkung der EU-Regulierung auf den europäischen Arzneimittelmarkt

E Ginneken 1, J Schreyögg 1, C Gericke 1, R Busse 1
  • 1Fachgebiet Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Der europäische Arzneimittelmarkt ist bereits seit vielen Jahren ein Bereich andauernden Interesses. Steigende Ausgaben für Arzneimittel stellen auf nationaler Ebene eine Bedrohung für die Gesundheitssysteme dar. Nationale Strategien zur Kostendämpfung betreffen häufig den pharmazeutischen Sektor, da dieser oft schneller als das Bruttoinlandsprodukt und der gesamte Gesundheitsmarkt wächst. Überstaatlich wächst die Rolle der Europäischen Union, die versucht, die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der strategisch wichtigen europäischen Pharmaindustrie zu stärken. Ziel des Beitrages ist es, die wachsende Rolle der EU im europäischen Arzneimittelmarkt, insbesondere im Hinblick auf Industrie und nationale politische Strategien, zu untersuchen. Zum anderen soll ein systematischer Überblick zur Entwicklung des europäischen Arzneimittelmarktes gegeben werden. Material und Methoden: Systematischer Review von Literatur, einschließlich „grauer“ Informationsquellen, online Datenbanken, Dokumenten und Entscheidungen der europäischen Kommission und des europäischen Gerichtshofes sowie wissenschaftlichen Journals. Ergebnisse: Die EU ist bestrebt den Arzneimittelmarkt zu liberalisieren und den europäischen Binnenmarkt, der nach einigen beträchtlichen Erfolgen (z.B. Europäische Anerkennung von Lizenzen) ins Stocken geraten ist zu realisieren. Stattdessen scheint sich die EU auf die Koordination von Ergebnissen zu konzentrieren, indem sie sich auf die so genannten G10 Empfehlungen konzentriert. Die europäischen Mitgliedstaaten erhielten dabei die Kompetenz zur Steuerung der Preissetzung, Erstattung etc. Zudem entwickelten sie innerhalb der letzten 25 Jahre zunehmend gemeinsame Maßnahmen, um die steigenden Ausgaben für Arzneimittel zu kontrollieren, die jedoch bislang ohne Erfolg blieben. Obwohl die europäische Arzneimittelindustrie profitabel ist, liegt sie im Vergleich zu den USA unter ihrer möglichen Leistung, was auf das restriktiv regulierende System der Mitgliedstaaten zurückzuführen ist. Schlussfolgerungen und Diskussion: Die Zukunft der Akteure innerhalb des europäischen Arzneimittelmarkts ist ungewiss. Wird sie mehr europäischen oder einen verstärkten Einfluss auf nationaler Ebene mit sich bringen? Auf kurze Sicht scheinen große Veränderungen in Richtung SEM unwahrscheinlich. Die europäische Geschichte zeigt jedoch, dass langfristige Veränderungen möglich sind. Offensichtlich hängt viel von der Einstellung der Mitgliedstaaten gegenüber dem neuen Ansatz ab. Für die europäische Industrie ist die Annahme und Durchführung der G10 Empfehlungen hinsichtlich des zukünftigen Wettbewerbs mit in den USA ansässigen Unternehmen sehr wichtig.