Gesundheitswesen 2005; 67 - V14
DOI: 10.1055/s-2005-920508

Negative Gesundheitsfolgen von Downsizing: Welche Rolle spielen psychosoziale Arbeitsbelastungen?

N Dragano 1, P Verde 1, J Siegrist 1
  • 1Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Ziel der Untersuchung/d. Vorhabens: Die Reduzierung von Belegschaften (‘Downsizing') ist im Zuge der andauernden wirtschaftlichen Krise, zu einem weit verbreiteten Phänomen geworden. Das diese Praxis gesundheitliche Folgen nicht nur für die entlassenen Erwerbstätigen, sondern auch für diejenigen hat, die im Betrieb verbleiben, ist in den letzten Jahren gezeigt worden. Langzeitstudien konnten zahlreiche gesundheitliche Probleme beim verbleibenden Personal nachweisen, die sich u.A. in einem Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage niederschlagen. Unter den möglichen Ursachen nehmen psychosoziale Arbeitsbelastungen eine wichtige Rolle ein, da Downsizing aufgrund von Arbeitsverdichtung, Unsicherheit und sozialen Spannungen mit einem Anstieg solcher Belastungen einhergeht. In dieser Arbeit soll diese These für Deutschland geprüft und erweitert werden: Gibt es neben einer erhöhten Prävalenz auch einen synergistischen Effekt der kombinierten Belastungen Downsizing – psychsoziale Arbeitsbelastungen? Material und Methoden: Für die Analysen konnten Daten einer 0,1% Erhebung der deutschen Erwerbsbevölkerung verwendet werden, die 1998/99 vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) erhoben wurden. In die Auswertung werden 22.559 Männer und Frauen in Arbeiter und Angestelltenverhältnissen aufgenommen [15–59 Jahre]. Psychosoziale Arbeitsbelastungen werden über das Modell beruflicher Gratifikationskrisen operationalisiert. Um synergistische Effekte zu testen, kommt der Synergie-Index nach Rothman zum Einsatz, der es erlaubt die gemeinsame Wirkung von Downsizing und Arbeitsbelastungen zu quantifizieren. Als Outcome dient eine Liste arbeitsbezogener Symptome (>2 Symptome=belastet). Ergebnisse: Das gleichzeitige Auftreten von Downsizing und psychosozialen Arbeitsbelastungen war bei Männern und Frauen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für arbeitsbedingte Symptome assoziiert [OR=4.41; 95% KI 3.75–5.18 / OR=5.37; 95% KI 4.45–6.47 / Referenzgruppe=keine Belastung]. Dieser Effekt übersteigt signifikant den additiven Effekt, der von der Kombination der separaten Effekte beider Belastungen zu erwarten gewesen wäre. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass Erwerbstätige, die nach Entlassungswellen im Betrieb verbleiben und gleichzeitig hohe psychosozialen Arbeitsbelastungen erfahren, besonderen Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind. Präventive Maßnahmen sind daher in diesem Setting besonders wichtig und zugleich erfolgversprechend.