Gesundheitswesen 2005; 67 - V10
DOI: 10.1055/s-2005-920504

Angebote der Gesundheitsförderung bei Migrant/innen. Instrumente und Zugangswege migrantensensibler Gesundheitsförderung

C Bunge 1, R Geene 1, H Kilian 1
  • 1Gesundheit Berlin e.V.

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Die amtlichen Statistiken zeigen, dass Migrant/innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Durchschnitt auf einem niedrigeren sozioökonomischen Niveau leben als deutsche Staatsangehörige. Mit dem niedrigen Sozialstatus sind wiederum gesundheitliche Risiken verbunden. Der Zusammenhang zwischen sozialer Benachteiligung und größerer Krankheitshäufigkeit konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Die Gesundheitsversorgung von Migrant/innen in Deutschland ist nach wie vor unzureichend. Versorgungskonzepte, die der soziokulturellen Vielfalt einer De-Facto-Einwanderungsgesellschaft gerecht werden, wurden bisher nicht in die Regelversorgung integriert. Die Unterversorgung und mangelnde Inanspruchnahme des Gesundheitssystems durch die Migrant/innen in Deutschland zeigt sich in großem Maße im Bereich der Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsbildung. Die Arbeit soll einen Beitrag zum wenig beachteten Themenfeld der Gesundheitsförderung und Migration leisten. Impulse für weitere Untersuchungen auf dem Gebiet der zielgruppenorientierten Bedarfsanalyse im Zusammenhang mit Fragen zu Erreichbarkeit und Nutzung gesundheitsfördernder Angebote sollen geliefert werden. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen: Werden in der Praxis der Gesundheitsförderung bei Migrant/innen Instrumente und Zugangswege gewählt und eingesetzt, die den besonderen Problemlagen und Zugangsbarrieren der Migrant/innen Rechnung tragen und damit für eine zielgruppenadäquate Intervention angemessen sind? Welche Faktoren sind für einen zielgruppengerechten Zugang in der Praxis von besonderer Bedeutung? Material und Methoden: Die Untersuchung gliedert sich in einen quantitativen und einen qualitativen Teil. Die quantitative Auswertung, die auf der Datenbank „Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) basiert (www.datenbank-gesundheitsrprojekte.de), vermittelt einen Überblick der Praxis der Gesundheitsförderung bei Migrant/innen in Deutschland. Die Auswertung der telefonischen Befragung ausgewählter Projekte ermöglicht darüber hinaus, der Fragestellung genauer nach zu gehen und differenzierte Aussagen zu treffen. Ergebnisse: Die Ergebnisse der quantitativen Auswertung liefern erste Hinweise auf Instrumente und Zugangswege in der Praxis der Gesundheitsförderung bei Migrant/innen. Die Ergebnisse der quantitativen Auswertung decken sich in großem Umfang mit den Erkenntnissen der qualitativen Auswertung. Durch die Auswertungen wird deutlich, dass gute Ansätze für einen erfolgreichen Zugang und Interventionsstrategien bereits in der Praxis zu finden sind. Schlussfolgerungen und Diskussion: Unspezifische Angebote können vieles von den migrantenspezifischen Angeboten lernen – und umgekehrt. Mehr Erfahrungsaustausch, eine bessere finanzielle Ausstattung und vor allem der Einsatz von qualifizierten Fachkräften mit Migrationshintergrund sind wichtig. Deutlich wurde, dass gerade im Hinblick auf die inhaltliche Ausrichtung und mögliche Handlungsfelder in der gesundheitsfördernden Arbeit bei Migrant/innen weitere Analysen dringend erforderlich sind, um dem Bedarf und den besonderen Problemlagen bei Migrant/innen gerecht zu werden.