Gesundheitswesen 2005; 67 - V9
DOI: 10.1055/s-2005-920503

Berufliche Karriere und Herzinfarkt

S Brasche 1, B Störl 1
  • 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Jena

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Faktoren der beruflichen Arbeit wird ein Einfluss auf das Infarktrisiko zugeschrieben. Die vorliegende Arbeit untersucht die Belastungen, denen ostdeutsche Infarktpatienten während ihres gesamten Berufslebens unterlagen und vergleicht sie mit denen einer Kontrollgruppe. Material und Methoden: Ausgehend vom Erfurter MONICA-Herzinfarktregister der Jahre 1990–93 wurden sämtliche 1995 noch verfügbaren Männer mit „sicherem Infarkt“ (n=177) um ein qualitatives Interview gebeten. Die Angaben der 129 teilnehmenden Patienten (Responserate=72,9%) und von 129 nach Altersgruppen zugeordneten Krankenhauskontrollen (Patienten ohne psychiatrische und ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung) wurden erst kategorisiert, gegebenenfalls entsprechend den Beschäftigungszeiten pro Stelle gemittelt und mittels logistischer Regressionsanalyse analysiert. Ergebnisse: Im multiplen logistischen Modell fand sich ein signifikant erhöhtes Infarktrisiko für Probanden, die eine ungewünschte Berufslaufbahn einschlugen (OR=4,7; CI: 1,1–20,6), überwiegend keine Berufszufriedenheit erreichten (OR=3,7; CI: 1,2–11,8), langzeitig unter Hektik (OR=5,1; CI: 1,5–16,9) und häufigen Überstunden (OR=3,5; CI: 1,1–11,1) litten und generell über belastende Arbeitsbedingungen (OR=3,9; CI: 1,1–14,0) klagten. Das Fehlen eines musischen Hobbys erhöhte ebenfalls das Risiko (OR=7,5; CI: 1,5–36,7). Univariat signifikante Einflussgrößen wie Rauchen, Stellung in der Hierarchie, körperliche Freizeitaktivitäten u.a. verloren im multiplen Modell an Bedeutung. Hochschulabsolventen sind in höherem Maß betroffen als niedriger qualifizierte (n.s.). Schlussfolgerungen und Diskussion: Vor allem, wenn ein Einflussfaktor subjektiv als „belastend“ bewertet wurde, ist ein Einfluss auf das Infarktrisiko messbar. Die Ergebnisse werden nicht in allen Punkten durch die internationale Literatur bestätigt. Grund dafür könnte sein, dass in der reinen DDR-Population soziale Unterschiede anders ausgeprägt sind, z.B. die Belastungs- und Zufriedenheitssituation von Hochschulabsolventen, die mit westlichen Demokratien nicht vergleichbar sind.