Z Gastroenterol 2005; 43 - P522
DOI: 10.1055/s-2005-920313

Der Essener Zirkel–Initiator einer lokalen Versorgungsepidemiologischen Analyse chronischer Darmerkrankungen in der Primär-, Sekundär- und Tertiärversorgung. Unterschiede zwischen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom

S Haag 1, C Pieper 2, W Senf 3, S Gesenhues 4, G Gerken 5, KH Jöckel 2, G Holtmann 6
  • 1Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Uniklinikum Essen, Essen
  • 2Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie; Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 3Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 4Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, Essen
  • 5Zentrum für Innere Medizin, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 6Dept of Gastroenterology, Hepatology and General Medicine, Royal Adelaide Hospital, University of Adelaide, Australien, Adelaide, Australien

Hintergrund: Über die Nutzung von Ressourcen des Gesundheitswesens durch Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) oder mit Reizdarmsyndrom (RDS) liegen bislang keine systematisch erhobenen Daten vor. Daher war es Ziel dieser Studie, das Konsultations- und Inanspruchnahmeverhalten bei CED oder RDS Patienten in der Primär- (PV), Sekundär- (SV) und Tertiärversorgung (TV) zu erfassen.

Methoden: Von 170 konsekutiven Patienten wurden 131 (77%, 86 CED, 43,3±12,8 Jahre, 92 Frauen) innerhalb von 10 Wochen eingeschlossen. Dabei wurden 32 Patienten in 4 Praxen der PV, 12 bei 3 Gastroenterologen und 87 in der TV (2 Schwerpunktkrankenhäuser, 1 Uniklinik) rekrutiert. Die Lebensqualität (QOL) wurde mittels SF–36, affektive Störungen mittels HADS, Konsultations- und Inanspruchnahmeverhalten quantitativ und die Symptomintensität (SI) mittels visueller Analogskala erfasst.

Ergebnisse: Die SI war bei Patienten mit RDS im Vergleich zu CED in allen Versorgungsstufen deutlich erhöht (p<0,001). Die psychische (p<0,006) nicht jedoch körperliche Dimension der QOL unterschied sich signifikant zwischen RDS und CED. Unterschiede affektiver Störungen bestanden nicht. Die Zeitspanne erster Symptome bis zur Diagnose war deutlich höher in der TV (3,2±1,9 Jahre) im Vergleich zu SV (2,1±1,5) und PV (2,4±1,7, beide p<0,05) und länger bei RDS als bei CED Patienten (2,6±2,0 vs. 4,2±2,1 Jahre, p=0,03). Bei CED- wurden in Abhängigkeit von der Versorgungsstufe vermehrt Gastroskopien (p=0,001) und Koloskopien (p=0,04), sowie Abdomen-Ultraschall (p=0,001) und –MRT (p=0,05) durchgeführt. Ein solcher Unterschied war bei RDS-Patienten nicht feststellbar. Insgesamt hatten deutlich mehr RDS Patienten Abd.-US (p<0,001), CT-Abdomen (p=0,036) und Koloskopien (p=0,05) als CED. Die Konsultationsfrequenz war am höchsten in der SV im Vergleich zu TV und PV (p<0,02 und p<0,001).

Zusammenfassung: Die Nutzung von Ressourcen im Gesundheitswesen weist für CED und RDS gänzlich unterschiedliche Muster auf. Bemerkenswert ist, dass bei CED-Patienten ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Zahl der Konsultationen nachweisbar war, nicht jedoch bei RDS. Dabei ist die Symptomintensität bei RDS höher als bei CED Patienten. Dies deutet auf eine Unterversorgung dieser Patientengruppe hin.