Z Gastroenterol 2005; 43 - P399
DOI: 10.1055/s-2005-920184

Neuroimmun-Interaktion im humanen Darm: Wirkung und Pharmakologie von Histamin im humanen enterischen Nervensystem

E Breunig 1, F Zeller 2, S Seidl 3, M Schemann 1
  • 1Lehrstuhl für Humanbiologie, Technische Universität München, Freising-Weihenstephan
  • 2Abt. Chirugie, Klinikum Freising, Freising, Deutschland
  • 3Institut für Pathologie der TU München, Klinikum rechts der Isar, München

Mastzellen spielen eine Schlüsselrolle bei der Pathogenese entzündlicher und funktioneller Erkrankungen des Magen-Darmtraktes. Über Mastzellmediatoren, insbesondere Histamin, werden Neuroimmun-Interaktionen gesteuert, die nerval vermittelte Funktionsstörungen hervorrufen. Wir untersuchten die bisher unbekannte Wirkung von Histamin auf das humane enterische Nervensystem (ENS) mit Hilfe einer hochauflösenden Neuro-Imaging Technik an pathologisch unauffälligen Darmresektaten von über 100 Patienten. Histamin induzierte in 33% der untersuchten enterischen Nervenzellen (938 Zellen, 129 Ganglien, 59 Präparate) eine direkt vermittelte, lang anhaltende erregende Wirkung mit Aktionspotentialentladungen. Diese aktivierende Wirkung konnte durch den H1-Agonist HTMT-Dimaleat, den H2-Agonisten Dimaprit sowie den H3-Agonisten R-(-)-alpha-Methylhistamine nachgeahmt, und durch die H1-, H2-, und H3-Antagonisten Pyrilamine, Ranitidine und Clobenpropit blockiert werden. Weder Histamin noch einer der Agonisten induzierte eine hemmende Wirkung. Die Applikation mehrerer Rezeptoragonisten erlaubte Rückschlüsse auf die funktionelle Rezeptorausstattung einzelner Nervenzellen im humanen ENS. Die Mehrzahl der Nervenzellen (29%) exprimierte H1 und H3 Rezeptoren (H1/H3). Die zweitgrößte Population exprimierte nur den H2-Rezeptor (27%). Die Kombination aller Rezeptoren (H1/H2/H3) trat in 20% der Nervenzellen auf. Die Kombinationen H1/H2-und H2/H3 -Rezeptor wurden in jeweils 7% der Nervenzellen gefunden. Ausschließlich H3-vermittelte Antworten wurden in 10% der Nervenzellen registriert.

Unsere Ergebnisse beschreiben erstmals Effekte von Histamin auf humane enterische Nervenzellen. Im Gegensatz zu Daten in Tiermodellen wird im humanen ENS die aktivierende Histaminwirkung über H1, H2, und H3 Rezeptoren vermittelt. Die erregende Wirkung von Histamin könnte die Ursache für die, mit funktionellen und entzündlichen Erkrankungen assoziierten, Störungen der Motilität und Sekretion sein. Die human-spezifische Pharmakologie der Histaminwirkung, insbesondere die Beteiligung von H3 Rezeptoren, eröffnet Ansätze für neue therapeutische Strategien zur Behandlung von Magen-Darmstörungen.

Keywords: Histamine, Neuro-Immun-Interaktionen, enterisches Nervensystem