Einleitung: Um herauszufinden,ob innerhalb des zerebro-zerebellären Netzwerkes bei Patienten
mit hereditärer spinocerebellärer Ataxie (SCA) Kompensationsmechanismen existieren,
untersuchten wir mittels fMRT die Aktivitierungen während visuell geführter Sakkaden
und zielgerichteter Zeigebewegungen der rechten Hand. Die Ergebnisse wurden mit denen
alters- und geschlechtskorrelierter Kontrollpersonen verglichen.
Methoden: Neun rechtshändige Patienten (5 SCA17, 3 SCA1, 1 SCA3) und neun alters- und geschlechts-gematchte
Kontrollen nahmen an der Studie teil (12 Männer, 6 Frauen, 20–65 Jahre). Die Messung
erfolgte bei 1,5 T (Siemens Symphony, EPI) und die Datenanalyse mit SPM 2. Die Probanden
führten pseudorandomisiert Sakkaden oder zielgerichtete Zeigebewegungen der rechten
Hand aus. Die Sakkaden und Zeigebewegungen, jeweils getriggert durch Farbwechsel des
Zielpunktes, wurden durch Positionswechsel des Laserpunktes von der Mitte ausgehend
pseudorandomisiert nach rechts oder links geführt. Als Kontrollbedingung diente die
zentrale Fixation. Die Augenbewegungen und damit die Task-Performance wurden während
der Messung mittels MR-kompatibler Infrarot-Okulographie aufgezeichnet.
Ergebnisse: Patienten und Normalpersonen aktivierten das zerebrale Netzwerk bestehend aus kortikalen
Augenfeldern (v.a. frontale und supplementäre Augenfelder (FEF, SEF) und aus parietalen
Arealen. Zeigebewegungen der rechten Hand aktivierten überlappend Regionen im FEF
und parietalen Kortex sowie M1 und supplementär motorische Areale. Das Zerebellum
zeigte bei Normalprobanden hauptsächlich im Vermis und in den Hemisphären (Lobuli
IV–VI) lokalisierte Aktivität. Bei den Patienten zeigte sich eine reduzierte Aktivität
in diesen Arealen. Im Gegensatz dazu fanden wir mehr Aktivität in fronto-parietalen
Arealen sowie zusätzliche Foci im posterioren Zerebellum (Lobuli VII–VIII) für alle
SCA-Typen.
Schlussfolgerung: Mit dieser Studie konnten wir plastische Kompensationsmechanismen innerhalb des
cerebro-cerebellären Netzwerkes zur Steuerung von Augen- und Handbewegungen bei Patienten
mit SCA demonstrieren. Erwartungsgemäß zeigten sich die üblicherweise bei Normalpersonen
aktivierten cerebellären Areale bei den Ataxie-Patienten minderaktiviert bei kompensatorisch
zusätzlichen cerebralen Aktivierungen. Interessanterweise kam es bei den Patienten
aber auch zu spezifischen Aktivierungen innerhalb des posterioren Cerebellums (Lobuli
VII-VIII), die bei den Kontrollpersonen nicht beobachtet werden konnten.