Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P471
DOI: 10.1055/s-2005-919503

Klinische und molekulargenetische Diagnostik einer Familie mit zerebralen kavernösen Malformationen und heterozygoter Krit1-Mutation

U Hehr 1, M Friedrich 1, C Gross 1, A Brawanski 1
  • 1Regensburg

Zerebrale kavernöse Malformationen (CCM) werden mit einer Häufigkeit von ca. 0.1–0.5% beobachtet. In Abhängigkeit von ihrer Lokalisation können sie asymptomatisch bleiben, aber auch Blutungen, epileptische Anfälle oder fokale neurologische Ausfälle verursachen. Das Vorhandensein mehrerer CCM wird als genetisch heterogene autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit unvollständiger Penetranz und großer klinischer Variabilität angesehen. Kopplungsanalysen in CCM-Familien führten zur Identifizierung von bisher 3 Genorten. In bis zu 47% der CCM-Familien sind trunkierende Mutationen im Krit1-Gen (CCM1) nachweisbar (Denier et al., 2003). Ca. 30% der Krit1-negativen Familien weisen eine Mutation im MGC4607 (CCM2) auf (Denier et al., 2004); kürzlich wurde das PDCD10-Gen als CCM3-Gen identifiziert (Bergametti et al., 2005).

Wir berichten über die klinischen und molekulargenetischen Befunde einer deutschen Familie mit autosomal-dominanter Vererbung von CCM und großer intrafamiliärer Variabilität. Für den Indexpatienten der Familie wurde die Diagnose nach einem ersten epileptischen Anfall im Alter von 18 Jahren gestellt, bei seinem 2jährigen Sohn trat kürzlich erstmals ein epileptischer Anfall auf. Die Kernspintomographie ergab CCM auch bei der mütterlichen Halbschwester des Indexpatienten. Die 48jährige Mutter des Indexpatienten ist bisher ohne klinische Auffälligkeiten, sie hatte eine MRT-Untersuchung abgelehnt. Bei ihrem Cousin väterlicherseits sollen infolge von CCM bereits im Alter von 40 Jahren erhebliche neurologische Ausfälle bestehen. Die Sequenzanalyse des Krit1-Gens ergab für den Indexpatienten das Vorliegen einer heterozygoten 1bp-Deletion im Exon 17 des Krit1-Gens: c.1813delT, welche zu einem Frameshift mit vorzeitiger Einführung eines Stop-Codons führt. Die anschließende Familienuntersuchung bestätigte auch für seine Mutter, seinen 2jährigen Sohn und seine mütterliche Halbschwester das Vorliegen dieser Krit1-Mutation im heterozygoten Zustand. Somit kann nunmehr auch für weitere Familienangehörige im Rahmen einer genetischen Beratung die Möglichkeit einer präsymptomatischen Testung und gezielten klinischen und bildgebenden Diagnostik für identifizierte Anlageträger besprochen werden.