Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P469
DOI: 10.1055/s-2005-919501

Susac-Syndrom: Diagnostik, Risikofaktoren und Therapieoptionen

I Kleffner 1, E.B Ringelstein 1, P Young 1
  • 1Münster

Hintergrund: Das Susac-Syndrom ist gekennzeichnet durch die Trias sensorineurale Schwerhörigkeit, Retinalarterienverschlüsse und Enzephalopathie. Die seltene Erkrankung betrifft vorwiegend junge Frauen und ist eine wichtige Differentialdiagnose entzündlicher ZNS-Erkrankungen. Eine mikroangiopathische Genese wird diskutiert. Therapeutisch werden Glukokortikoide, Immunglobuline, Immunsuppressiva, Antiphlogistika und Calciumantagonisten mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt.

Wir stellen mögliche Risikofaktoren und eine erfolgreiche Kombinationstherapie vor.

Fallbericht: Eine 17jährige Frau erkrankte innerhalb eines Jahres nach einem vorhergegangenen bronchialen Infekt dreimal schubförmig an Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, psychomotorischer Verlangsamung, Halluzinationen, Paranoia, zerebellärer Ataxie, Dysarthrie, Taubheitsgefühl des gesamten Körpers, Hypakusis, Nausea und Skotomen. Sie war Raucherin und nahm ein orales Kontrazeptivum ein. Im Liquor zeigten sich eine Erhöhung des Gesamtproteins und ein erhöhter Albumin-Quotient. Laborchemisch fanden sich Hypercholesterinämie und erniedrigte Protein-S-Aktivität. Der MRT-Befund ergab multifokale, hyperintense Läsionen periventrikulär und im Corpus callosum. In der Audiometrie fand sich eine sensorineurale pancochleäre bilaterale Hypakusis. Die Fluoreszenzangiographie zeigte Retinalastarterienverschlüsse, Hyperfluoreszenz der Arterienwände und Leckage in der Spätphase. Das EEG zeigte diffuse bilaterale Verlangsamung. Aufeinanderfolgend wurden zunächst die Verdachtsdiagnosen Vaskulitis, virale Enzephalitis und entzündliche ZNS-Erkrankung, schließlich die Diagnose Susac-Syndrom gestellt. Durch Glukokortikoide und Pentoxyphyllin bildeten sich die Enzephalopathie komplett, kognitive Defizite, Gesichtsfelddefekte und Schwerhörigkeit teilweise zurück. Nach dem letzten Schub wurde eine Sekundärprophylaxe mit Nimodipin und Acetylsalicylsäure begonnen, unter der sich bislang keine neuen Symptome eingestellt haben.

Schlussfolgerung: In der Literatur beschriebene Risikofaktoren wie inhalatives Tabakrauchen, weibliches Geschlecht, Kontrazeptiva, Koagulopathie und vorhergehende virale Infektionen finden sich bei unserem Fall. Wir schließen aus dem Verlauf, dass die Symptomtrias in der Akutphase durch Glukokortikoide behandelt werden kann. Sekundärprophylaktisch haben in unserem Fall eine Kombination aus ASS und Nimodipin sowie Reduktion der Risikofaktoren ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung verhindert.