Der Begriff Priming bezeichnet den Teil des kortikalen Gedächtnisnetzwerkes, der nicht
auf expliziten Abruf von Informationen spezialisiert ist, sondern auf implizite Informationen,
die in der Vergangenheit erworben wurden und das zukünftige Erleben unbewusst beeinflussen.
Auf Verhaltensebene äußert sich der Priming-Effekt in einer erleichterten Erkennung
des Target-Items und somit in verkürzten Reaktionszeiten sowie einer erhöhten Richtigkeit
der Antworten im Verhältnis zu nicht gebahnten Items. Die Erforschung des Priming-Effektes
kann Aufschluss über die Struktur der mentalen Konzepte und ihre Repräsentationen
im menschlichen Gehirn geben. Man unterscheidet perzeptuelles, konzeptuelles und das
sog. Form-based-Priming (phonetisch, phonologisch, orthographisch). Mehrere Studien
in unserem Labor haben verschiedene Priming-Effekte mittels fMRT hinsichtlich der
kortikalen Repräsentation und mit dem Einsatz von rTMS hinsichtlich ihrer funktionellen
Relevanz untersucht. Der Priming-Effekt äußert sich in der funktionellen Bildgebung
durch eine verminderte Aktivierung bei gebahnten Items im Verhältnis zu neutralen
Items. Mithilfe von individuellen anatomischen MRT-Aufnahmen und einem Online-Neuronavigationssystem
haben wir die Möglichkeit, die Magnetstimulation zielgenau zu applizieren. Die rTMS
Applikation über dem entsprechenden Areal kann eine Modulation des Priming-Effektes
auf Verhaltensebene bewirken („Virtual-lesion-Technique“).
Zunächst wurde in einer fMRI-Studie der Langzeit-Priming-Effekt bei Objektverarbeitung
(Bildbenennung) untersucht; bei einem Retentionsintervall von 6 Wochen fand sich eine
mit Priming assoziierte Aktivierung im inferioren Temporallappen. In einer weiteren
Studie zum konzeptuellen/semantischen Langzeit-Primingeffekt über einen Zeitraum von
3 Tagen mittels fMRT und rTMS nachweisen, dass semantisches Priming bei einer Kategorisierungsaufgabe
für Wörter hinsichtlich ihrer Eigenschaft abstrakt oder konkret im Gyrus frontalis
inferior stattfindet. Bei einer phonologischen Entscheidungsaufgabe bei orthographischer
Wortpräsentation zur Untersuchung des phonologischen Kurzzeit-Priming-Effektes konnten
wir Hinweise auf eine Beteiligung des linken inferioren präcentralen Kortex finden.
Aus dem Wissen um die beteiligten kortikalen Netzwerke ergeben sich möglicherweise
wertvolle Erkenntnisse für die logopädische Therapie von Patienten, die Sprachstörungen
bei fokalen Hirnläsionen aufweisen.