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DOI: 10.1055/s-2005-919188
Reorganisation sensomotorischer Kortexareale beim Schreibkrampf
Der Schreibkrampf ist eine aufgabenspezifische fokale Dystonie, bei der die dystonen Symptome kontextspezifisch während des Schreibens auftreten. In den letzten Jahren konnte bei Patienten mit Schreibkrampf mithilfe elektrophysiologischer und bildgebender Verfahren eine abnorme sensomotorische Reorganisation auf kortikaler Ebene nachgewiesen werden. Untersuchungen mit der transkraniellen Magntestimulation zeigten eine reduzierte Erregbarkeit inhibitorischer kortikaler Neuronenverbände. Es wird angenommen, dass die gestörte intrakortikale Hemmung sowohl die sensorische Verarbeitung afferenter Signale aus der betroffenen Hand als auch die Generierung feiner Bewegungsmuster beeinträchtigt und somit wesentlich zur Pathophysiologie des Schreibkrampfes beiträgt.
Neuere Untersuchungen legen nahe, dass neben der defizitären Hemmung eine abnorme „maladaptive“ Plastizität des sensomotorischen Systems eine wesentliche pathophysiologische Bedeutung zukommt. So zeigen Patienten mit Schreibkrampf eine abnorme Reagibilität des sensomotorischen Kortex auf eine konditionierende repetitive transkranielle Magnetstimulation. Aus diesen neurophysiologischen Untersuchungen lässt sich ableiten, dass neurorehabilitative Konzepte des Schreibkrampfes darauf abzielen sollten, maladaptive plastische Veränderungen im sensomotorischen System abzubauen und normale Muster der sensomotorischen Verarbeitung zu stärken. Ein möglicher Ansatz besteht in einer mehrwöchigen Immobilisation der betroffene Hand („Verlernen“ vorbestehender maladaptive Verarbeitungsmuster) gefolgt von einem mehrwöchigen motorischen Training um physiologische sensomotorische Verarbeitungsmuster wieder zu etablieren.