Pneumologie 2006; 60(2): 96-99
DOI: 10.1055/s-2005-919146
Historisches Kaleidoskop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Limericks für Pneumologen

Limericks for Lung DoctorsR.  Kropp
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Februar 2006 (online)

I
God's plan made a hopeful beginning,
But man spoiled his chances by sinning.
We trust that the story
Will end in God's glory,
But at present, the other side's winning.
[13]

II
Es wollten zwei Greise in Weiden
Eine brennende Frage entscheiden:
Der eine raucht nimmer,
Der andere immer -
Das Befinden ist glänzend bei beiden.
[8]

Limericks[1] sind Nonsense-, Unsinn-Gedichte. Und Verqueres, Abstruses, eben Unsinn in strenger Gedichtform kann für viele Menschen unterhaltsam, vergnüglich, lustig sein, nicht nur für Engländer.

III
I wish that my room had a floor;
I don't care so much for a door;
But this crawling around
Without touching the ground
Is getting to be quite a bore.
[2]

IV
Ein Knab in - ich glaub' Tehuantepec -
Der lief auf der Bahn seiner Tante weg;
Sie lief hinterher,
Denn sie liebte ihn sehr,
Und außerdem trug er ihr Handgepäck.
[2]

Der Limerick gehört zu England wie der Hyde Park oder die tea-time. Sein Ursprung ist ebenso ungewiss wie die Herkunft seines Namens - dieser soll sich auf einen schottischen Ort namens Limerick beziehen -; Erklärungsversuche existieren allerdings in zahlreichen Versionen, welche aber sämtlich unbewiesen, Vermutungen sind. Zum Beispiel sollen Vorstufen ursprünglich aus Frankreich stammen. Fest steht wohl nur, dass die Limericks eine Frucht des angelsächsischen Kulturkreises sind.

Wohl eher augenzwinkernd werden Limericks schon bei Shakespeare gefunden[2]. Fassbar werden sie mit der ersten publizierten Sammlung von Edward Lear [10] [11]. Seither kamen sie in England sehr in Mode. Zu Ende des 19. Jahrhunderts waren sie allgegenwärtig und wurden zur nachmittäglichen tea-time und bei anderen Gelegenheiten vergnüglich zitiert, ausgetauscht und auch spontan erfunden. Zahlreiche Sammlungen erschienen. Dabei ist eigentümlich, dass sowohl Entstehung und Entstehungsjahr als auch der Verfasser des einzelnen Limericks fast immer im Dunkeln bleiben, dass Limericks meist keinen Titel haben.

V
There was a young fellow of Perth
Who was born on the day of his birth.
He married, they say,
On his wife's wedding day,
And died when he quitted the earth.
[2]

VI
There was a young lady of Ham,
Who hastily jumped on a tram;
As she swiftly embarked,
The conductor remarked:
“Your fare, Miss”, she said: “Yes, I am.”
[3]

Limericks wurden späterhin auch in anderen Ländern geschätzt und in anderen Sprachen verfasst; nicht-englische Limericks sind allerdings wegen der unterschiedlichen Struktur der Sprachen manchmal schwieriger zu „dichten”, was bei den folgenden Beispielen zum Ausdruck kommen kann - sie können holpriger, nicht so elegant klingen wie im Englischen, wobei natürlich auch nicht jeder englische Limerick ein Meisterstück ist[3].

Limericks sind wegen ihrer pointierten, gerafften Art außerordentlich schwierig zu übersetzen:

VII
There was an old man with a beard,
Who said, “It is just as I feared,
Two owls and a hen,
Four larks and a wren,
Have all built their nests in my beard!”
[4] [2]

Diesen Limerick konnte selbst Hans Magnus Enzensberger nicht besser übersetzen als:

Sobald dieser Jüngling gewahrt,
Was sich bei ihm zusammenschart,
An Hühnern, Pirolen,
Eulen und Dohlen,
Verflucht er gewiss seinen Bart.
[2]

Seiner Form nach ist ein Limerick ein gereimter Fünfzeiler gemäß dem Reimschema

A - A - B - B - A

VIII
A Es wollt' eine blühende Maid
A So ganz ohne Träger ihr Kleid.
B Es rutschte ihr runter,
B Der Verkäufer
[5] sprach munter:
A „Sie sind, heißt das, noch nicht so weit.”
[9]

Das Metrum ist ähnlich bekannten Kinderliedern. Die 1., 2. und 5. Zeile haben drei, die Zeilen 3 und 4 zwei Hebungen:

(tam) tam tám/tam tam tám/tam tam tám (tam)
(tam) tam tám/tam tam tám/tam tam tám (tam)
(tam) tam tám/tam tam tám tam
(tam) tam tám/tam tam tám tam
(tam) tam tám/tam tam tám/tam tam tám (tam) [2]

Dabei muss auf die Betonung beim Rezitieren geachtet werden; sie geht manchmal „gegen den Strich”:

IX
Der Friseurmeister sagte in Dauer:
„Ihr Bart wird schon auch langsam grauer.
Vielleicht, zum Verschönen,
Nur ein klein wenig tönen?
Überlegen sich's noch - Fräulein Bauer.
[10]

X
Der Dorfapotheker von Picher
Sprach zum Doktor: „Herr Schulz ist jetzt sicher
Dank Ihrem Rezept
Schwer gehandicapt.
Bitte schreiben Sie leserlicher.”
[7]

Das Kennzeichen eines guten Limericks ist die rhythmische und metrische Strenge, die jedoch seinen großen inhaltlichen Variationsreichtum nicht ausschließt.

XI
Der Limerick kennt keine Schranken
In Worten, Begriffen, Gedanken,
Darum auch die Bitte:
Beim Verstoß gegen „Sitte”
Mit dem Autor nicht gleich zu zanken.
[1]

XII
Jener klassische Wälzer, den Dante
„La Divina Commedia” nannte,
Wurde zwei Kilo schwer,
Wahrscheinlich, weil er
Den Limerick noch nicht kannte.
[7]

Die inhaltliche Struktur des Limerick richtet sich oft nach folgendem Schema: In der ersten Zeile wird jemand (oder eine Situation) vorgestellt, am Ende steht der Name der Person, häufiger des Ortes oder Landes, aus dem die Person stammt, ausgewählt meist des Reimes wegen, deswegen austauschbar. In der zweiten Zeile wird über die Person genauer berichtet. In der dritten und vierten Zeile wird eine kleine Geschichte oder Situation erzählt, oft in virtuoser Kürze. Sie ist gern abstrus, seltsam, aber oft nicht besonders aufregend, bereitet aber die letzte, fünfte Zeile vor, in welcher die Pointe kommt, eine Überraschung sprachlicher, sachlicher, logischer oder formaler Art.

XIII
There was a young lady of Riga,
Who rode with a smile on a tiger,
They returned from the ride
With the lady inside
And the smile on the face of the tiger.
[3]

XIV
Ein Athlet von der Kurischen Nehrung
Aß Kompott, das befand sich in Gärung.
Dann düste er los
Und gewann auch ganz groß.
Die Bescherung kam erst bei der Ehrung.
[7]

Der Limerick wurde mit einem Witz verglichen; beides sind kurze Texte, die zum Lachen reizen und gern provozieren. Im Unterschied zum Witz ist der Limerick festen formalen Regeln unterworfen, wie sie zuvor geschildert wurden. Gerade der Kontrast zwischen äußerer Formstrenge und überraschender Aussage ist besonders reizvoll.

XV
There's a clever old miser who tries
Every method to economize.
He said with a wink:
“I save gallons of ink
By simply not dotting my i's.”
[3]

XVI
Der Klausner im Walde von Regen
Liebt's gar nicht, sein Hemd abzulegen.
Er meint: „Gott sei Dank
Vertreibt mein Gestank
Die Weiber, und das bringt mir Segen.”
[8]

Die Freude am Limerick bestand ursprünglich am spielerischen, tendenzfreien Unsinn.

XVII
“See the integral zee square dee zee
From the one to the third root of three
Multiplied by cosine
Of just three pi by nine
Equals log of the third root of e.”
[6] [13]

XVIII
In a notable family called Stein
There's Gertrude, there's Ep, and There's Ein.
Gert's writing is hazy,
Ep's statues are crazy,
And nobody understands Ein.
[3]

XIX
Eine Dame aus Rott am Inn
War außergewöhnlich dünn.
Sie trank durch ein Röhrchen
Ein kleines Likörchen
Und rutschte hindurch und lag drin.
[6]

Später kamen provokative Texte hinzu, mit handgreiflichem, oft erotischem, sexuellem Inhalt, so dass auch folgende Einteilung bekannt wurde:
Limericks für Damen
Limericks für Geistliche
LIMERICKS

XX
A girl who was touring Zambesi
Said: “Attracting the men is quite easy;
I don't wear any pants,
And, at every chance,
I stand where it's frightfully breezy.”
[13]

XXI
There was a young lady of Kent,
Who said that she knew what it meant
When men asked her to dine,
And served cocktails and wine;
She knew what it meant - but she went!
[3]

XXII
Es sprach eine Maid in Venedig:
Zum Liebhaber: „Ha, untersteh' dich!”
Doch so etwas rächt sich,
Denn jetzt ist sie sechzig
Und trotz aller Mühe noch ledig.
[8]

XXIII
Es schauten zwei Schwestern in Minden
Des Abends zum bess'ren Befinden
Stets unter die Betten
Und wünschten, sie hätten
Das Glück, dort mal einen zu finden.
[8]

Im Laufe der Jahrzehnte wurden unzählige Limericks verfasst, tausende publiziert. Erstaunlicherweise gibt es aber nicht viele Limericks medizinischen Inhaltes[7], obwohl der Stand der Ärzte, wie der der Apotheker, Pfarrer und Juristen, häufiger Kritik und Karikatur, Verspottung ausgesetzt war und ist.

XXIV
There was an old native of Spain,
Whose legs were cut off by a train.
When his friend said: “How sad!”,
He replied: “I am glad,
For I've now lost my varicose vein.”
[3]

XXV
Es sprach ein Chirurg aus Salzgitter:
„Wenn ich im OP schon mal zitter,
Dann schneid ich wo rein,
Da soll's gar nicht sein,
Die Folgen sind manchmal doch bitter.”
[5]

XXVI
Ein schwerkranker Mann aus Simmern,
Der konnte vor Schmerz nur noch wimmern.
Sprach der Doktor: „Nur Mut,
Die Sache steht gut,
Jetzt kann es sich nicht mehr verschlimmern.”
[6]

XXVII
Es fragt eine Dame aus Breisach:
„Herr Doktor, bevor ich mich freimach',
Versprechen Sie mir,
Die Adgo-Gebühr
[8]
Berechnen Sie höchstens doch dreifach?” [7]

Die folgenden Limericks befassen sich speziell mit Themen aus der Lungenheilkunde:

XXVIII
There was a young fellow of Ealing,
Endowed with such delicate feeling,
When he read, on the door,
“Don't spit on the floor”,
He jumped up and spat on the ceiling.
[3]

XXIX
Es gelang Herr Karl Schulze aus Bönen,
Statt blindlings dem Laster zu frönen,
Dank hoher Moral
Schon dreihundertmal,
Das Rauchen sich abzugewöhnen.
[6]

XXX
Es kam ein Patient einst aus Neustadt,
Der wurde beim Stapeln von Heu matt;
Man bracht' ihn ins Haus
Und es stellt' sich heraus,
Dass er beiderseits einen Pneu hat.
[5]

… bis hin zu solch echtem Nonsense, 108 (in Worten: einhundertundacht) Limericks zu sammeln, die sich alle auf e i n Medikament beziehen [4] und dessen Namen beinhalten. Als Beispiel aus dieser Sammlung:

XXXI
Hat Schnupfen Dich richtig zu fassen
Und Husten will nicht von Dir lassen:
Hilft RHINOTUSSAL.
Es schwindet die Qual,
Die Preise erfreuen die Kassen!
[9] [4]

XXXII
A tutor who tooted the flute
Tried to tutor two tooters to toot.
Said the two to the tutor:
“Is it harder to toot, or
To tutor two tooters to toot?”
[13]

Literatur

  • 1 Bauer W A. Schmusen am Jadebusen. Limericks. Egelsbach: Fouqué Literaturverlag 2001
  • 2 Bungter G, Frorath G. Limerick teutsch. München: Piper 1969
  • 3 Dahl J. Limericks, Limericks. Frankfurt: Fischer 1973
  • 4 Doktors und Apothekers Limericks. Illertissen: Mack 1981
  • 5 Guthy E. Das Limerick Brevier. Amberg: Buch & Kunstverlag Oberpfalz 2005
  • 6 Haldrup O. Buch der Limericks. Marburg: Nereus 2003
  • 7 Haldrup O. Lirum, Larum, Limerick. Marburg: Nereus (ohne Jahresangabe)
  • 8 Horand W. Limericks und Schlimmericks. München: Heyne 1985
  • 9 Knauer H. Ein frecher Mix von Limericks. Rostock: Klatschmohn 2002
  • 10 Kortmann E. Die besten Limericks der Zeit. Hamburg: Wegner 1969
  • 11 Lear E. A Book of Nonsense. London 1846
  • 12 Lear E. Sämtliche Limericks. Englisch/Deutsch. Stuttgart: Reclam 2001
  • 13 Raveling W. Limericks. Stuttgart: Reclam 1999

1 Im Englisch-Deutschen Wörterbuch von K. Wildhagen/W. Héraucourt, Ausgabe 1967, wird Limerick definiert als „ein Nonsense-Vers”.

2 Trinklied in Othello, „Ophelias Song” im Hamlet [Limericks Reclam], Seite 9

3 Die in diesem Artikel präsentierten deutschen Limericks sind nach Form und Inhalt besonders gelungene Beispiele. Unter diese sind auch gute englische Limericks gemischt (Anmerkung des Verfassers).

4 Owl = Eule; lark = Lerche; wren = Zaunkönig

5 „Händler” in einer anderen Version

6 ^_stand_item=f374-1f

7 oder sie sind dem Verfasser nicht untergekommen.

8 Frühere Gebührenordnung, wie auch Preugo, E-Go, BMÄ oder jetzt EMB

9 Hiermit soll keine Werbung für ein bestimmtes Medikament gemacht werden. Auch wurde dieses Zitat nicht gesponsert. (Anmerkung des Verfassers).

Dr. Robert Kropp

Liegnitzer Straße 5

36100 Petersberg

eMail: dr.robert.kropp@gmx.de

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