Pneumologie 2006; 60(1): 50-59
DOI: 10.1055/s-2005-919124
Curriculum Pneumologicum 2005
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Curriculum Pneumologicum 2005. Teil 1

Curriculum Pneumologicum 2005. Part 1N.  Konietzko, R.  Kroidl
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Publication Date:
23 January 2006 (online)

Vorwort

Seit 1. Juli 2004 ist die zertifizierte ärztliche Fortbildung gesetzlich verankert: Alle Fachärzte, Vertragsärzte in der Praxis ebenso wie Klinikärzte vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt, sind demnach verpflichtet, in den folgenden Jahren an akkreditierten Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen und den Nachweis darüber mittels Zertikat kumulativ bis zum Jahr 2009 zu erbringen. Für die Umsetzung der Akkreditierung und der Zertifizierung sind die Landesärztekammern zuständig.

Um zu einer bundeseinheitlichen Regelung zu kommen, hatte der Deutsche Ärztetag im Mai 2004 eine „Muster- Fortbildungsordnung” (siehe Anhang) verabschiedet. Darin sind die Rahmenbedingungen der Zertifizierung festgelegt. Diese Muster- Fortbildungsordnung ist in der Zwischenzeit von allen 17 Landesärztekammern ratifiziert worden. Im Großen und Ganzen wurden ihre Inhalte übernommen. Abweichend vom Beschluss des Deutschen Ärztetages haben die Kammern jedoch mehrheitlich beschlossen, die Zertifizierung eigenständig durchzuführen und nicht an Dritte zu delegieren, wie es § 10 der Muster-Fortbildungsordnung vorsieht. Eine bundeseinheitliche Regelung der zertifizierten Fortbildung gibt es derzeit also bedauerlicherweise nicht.

Angesichts dieser Entwicklung hat der Vorstand der Akademie für Pneumologische Fort- und Weiterbildung (APFW) in Abstimmung mit den Vorständen von Deutscher Gesellschaft für Pneumologie (DGP) und Bundesverband der Pneumologen (BdP) beschlossen, von seinem ursprünglichen Ziel, alle pneumologischen Fortbildungsveranstaltungen zu akkreditieren und zu zertifizieren, Abstand zu nehmen. Die Akademie wird sich künftig auf ihr Kerngeschäft, die Qualitätssicherung der pneumologischen Fortbildung, konzentrieren. Für den fortbildungspflichtigen Pneumologen bedeutet dies, dass er, wie bisher, seine Zertfizierungsurkunden sammelt und sein Punktekonto regelmäßig überprüft, um es dann im Jahr 2009 komplett der zuständigen Landesärztekammer vorlegen zu können.

Soweit zum Formalen. Entscheidend für das Gelingen unseres Anspruchs auf optimale Fortbildung in der Pneumologie ist freilich der qualitative Aspekt. Wollen wir ein bestimmtes Qualitätsniveau erreichen und halten, müssen zuerst die Fortbildungsinhalte beschrieben werden. Danach muss landesweit ein inhaltlich komplettes Fortbildungsprogramm angeboten werden und in einem dritten Schritt die Qualität der Fortbildung evaluiert und gegebenenfalls korrigiert werden. Auf diesen 3 Feldern liegt der Schwerpunkt der Arbeit der APFW.

Wozu brauchen wir ein Curriculum der pneumologischen Fortbildung?

Zunächst einmal benötigt der „zwangsfortzubildende” Pneumologe einen umfassenden Überblick über die aktuellen Wissensinhalte des Faches. Die Muster-Fortbildungsordnung verlangt die Berücksichtigung „aller medizinischen Fachrichtungen in ausgewogener Weise”. Bei uns allen haben sich zwangsläufig während der praktischen Berufsausübung auch die Schwerpunkte in der Fortbildung verlagert, die geforderte Ausgewogenheit ist zu kurz gekommen. Dazu kommt der enorme Wissenszuwachs durch den medizinischen Fortschritt: gerade mal 5 Jahre beträgt die Halbwertszeit unseres medizinischen Wissens, d. h. das gesamtes Wissen in der Medizin hat sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt. Das betrifft auch und gerade die Pneumologie, die in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen hat. Ein Drittes: in der Pneumologie gibt es - wie in keinem anderen Fach der Inneren Medizin - zahlreiche Berührungen und Überlappungen mit anderen Disziplinen, z. B. mit der Onkologie oder der Schlafmedizin. Diese gemeinsamen Schnittmengen fördern zwar die interdisziplinäre Zusammenarbeit, verlangen aber auch eine intensive Beschäftigung mit und detaillierte Kenntnisse im Nachbarfach. Die Muster- Fortbildungsordnung spricht von der Notwendigkeit der Vermittlung „interdisziplinärer und fachübergreifender Kenntnisse”.

Zwei weitere Aspekte sind zu berücksichtigen: Das „Curriculum Pneumologicum 2005” vermittelt dem fortzubildenden Pneumologen nicht nur Orientierung über die aktuellen Wissensinhalte des Fachs, sondern leistet auch bei der Organisation von Fortbildungsveranstaltungen Hilfestellung, erleichtert die Themenplanung und zeigt Lücken im Fortbildungsprogramm auf. Nicht hoch genug zu veranschlagen ist die berufspolitische Bedeutung eines Fortbildungs-Curriculums: bei der Außendarstellung des Faches mit der ganzen Breite seines Wissensspektrums, bei der Abgrenzung unseres Leistungskatalogs, bei der Implementierung der Qualitätskontrolle und bei der Durchsetzung praktischer Forderungen, sei es gegenüber den Krankenkassen oder den Kassenärztlichen Vereinigungen.

Wie soll ein pneumologisches Curriculum aussehen?

Die Antwort darauf kennt niemand so recht. Es gibt auch bei anderen Schwerpunktsfächern noch keine Sammlung aktueller Fortbildungsinhalte. Wir beschreiten mit dem „Curriculum Pneumologicum” 2005 also Neuland. Bei der Planung wurde rasch klar, dass ein solches Fortbildungs-Curriculum auf den Inhalten der Weiterbildungsordnung basieren muss, aber auch den medizinischen Fortschritt des Fachs und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen und in den Inhalten fortzuschreiben hat. Auch sollte das Curriculum kein Lehrbuch ersetzen und kompakt sein, trotzdem aber mehr bieten als das Inhaltsverzeichnis eines solchen Lehrbuchs. Und es sollte neugierig machen und anregen zu Erweiterung und Vertiefung des Fachwissens.

Die Umsetzung sieht jetzt so aus: Die Themen werden nach Krankheitskomplexen gegliedert. In kurzen Kommentaren wird zunächst dargelegt, was sich im betreffenden Gebiet in den letzten 5 - 10 Jahren Wesentliches getan hat. 5 Jahre entsprechen der Halbwertszeit unseres Wissens. Da bei den meisten von uns die Facharztprüfung aber schon länger als 5 Jahre zurückliegt, kann es durchaus nützlich sein, zeitlich etwas weiter auszuholen. Daran anschließend wird Punkt für Punkt hervorgehoben, was davon für Klinik und Praxis bedeutsam ist.

Es folgen, soweit erforderlich, Anregungen zur vertiefenden Literatur. Die Quellen sind in der Regel nicht älter als 5 Jahre, fast alle in deutscher Sprache verfasst - Klassiker in Englisch sind natürlich berücksichtigt - und leicht zugänglich, d. h. auf einige wenige Fachzeitschriften beschränkt und in den meisten Privat- oder Universitätsbibliotheken einsehbar. Offiziöse Statements und Evidenz basierte Leitlinien werden bevorzugt, wenn diese fehlen, Originalpublikationen zitiert.

Zuletzt wird eine Wichtung der Wissensinhalte vorgenommen nach:

  • 1 = muss man wissen, das schließt auch detailliertes Wissen ein (z. B. die Dosierung eines inhalativen β-Mimetikums in der Asthmatherapie).

  • 2 = sollte man wissen, was bedeutet, dass man Kenntnisse im betreffenden Gebiet aus dem Gedächtnis abrufen kann, ohne alle Details präsent zu haben.

  • 3 = Spezialwissen, was heißen soll, dass man z. B. um die Existenz seltener interstitieller Lungenerkrankungen weiß, im konkreten Fall aber gezielt nachlesen oder einen spezialisierten Kollegen hinzuziehen muss.

Eine solche Wichtung der Wissensinhalte ist naturgemäß willkürlich und angreifbar. Die Intention ist es, bei individuell stark differierenden Anforderungen in der beruflichen Ausübung Orientierung zu bieten und die unverzichtbaren „Essenzials” festzuschreiben.

Wer ist autorisiert, ein solches Curriculum zu erstellen?

Die fachliche Autorität liegt in der Erstellung des pneumologisches Curriculums beim Wissenschaftlichen Beirat der Akademie für Pneumologische Fort- und Weiterbildung (APFW). Der Beirat ist in Analogie zu den Wissenschaftlichen Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) strukturiert (siehe Anhang). Die Vertreter im Beirat der APFW sind identisch mit den Sprechern des Wissenschaftlichen Beirats der DGP oder deren Vertretern.

Nach dem Beschluss des Vorstands der Akademie für Pneumologische Fort- und Weiterbildung (APFW), ein Fortbildungs-Curriculums zu erstellen, wurde den Beiratsmitgliedern ein Vorentwurf, ursprünglich von den Kollegen Dieter Müller-Wehning und Thomas Renck für den BdP erstellt, mit der Bitte um Überarbeitung zugeschickt. Der daraus entstandene Rohentwurf zirkulierte im Oktober und November 2005 in Vorstand und Beirat der APFW. Nach intensiver Diskussion am 2.12.2005 in Bochum wurde der 2. Entwurf komplett überarbeitet. Die vorliegende Endfassung wurde dann noch einmal allen Gremien der APFW, also Vorstand und Beirat, zur kritischen Durchsicht vorgelegt sowie dem Präsidenten der DGP und dem Vorsitzenden des BdP zugeleitet. Wir hoffen, damit die demokratischen Regeln eingehalten, ein breiter Konsens eingeholt und das geballte Wissen der wissenschaftlichen Elite der Deutschen Pneumologie in das Curriculum Pneumologicum eingebracht wurden.

Das „Curriculum Pneumologicum 2005” steht im Netz und wird dort kontinuierlich aktualisiert. Auf der Website der APFW sind auch ausführliche Versionen z. B. der Sektion Arbeitsmedizin im Detail nachzulesen.

Essen im August 2005

Nikolaus Konietzko und Rolf Kroidl

Prof. Dr. med. Nikolaus Konietzko

Spillheide 78

45239 Essen

Email: nikolaus.konietzko@t-online.de

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