Fortschr Neurol Psychiatr 2005; 73 - A8
DOI: 10.1055/s-2005-918094

Ist die Interpersonelle Psychotherapie ein frauenspezifisches Verfahren? Ergebnisse einer randomisierten, kontrollierten Studie

E Schramm 1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg

Bei der Interpersonellen Psychotherapie der Depression (IPT) von Klerman und Weissman handelt es sich um eine störungsspezifische Kurzzeittherapie, die an den interpersonellen und psychosozialen Lebensbezügen des Betroffenen ansetzt. Als Foci werden im Zusammenhang mit der Depressionsentwicklung unbewältigte Rollenwechsel, zwischenmenschliche Konflikte, Trauer und Einsamkeit vorgeschlagen. Die IPT wurde von verschiedenen Autoren als frauenspezifisches Verfahren bezeichnet, da die bearbeiteten Problembereiche wie „Rollenwechsel“ (z.B. im Rahmen von Mutterschaft oder Klimakterium) oder „Rollenkonflikte/Rollenüberforderung“ (wie z.B. durch Pflege eines Angehörigen) insbesondere Frauen betreffen.

Im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Psychotherapie-Studie an 124 stationär behandelten depressiven Patienten zeigten sich bei den Problemfoci von Männern im Vergleich zu Frauen signifikante Unterschiede. Bei Frauen waren Rollenwechsel und Rollenkonflikte innerhalb der Familie (z.B. Auszug der Kinder aus dem Elternhaus) oder der Partnerschaft (z.B. Trennung) deutlich häufiger als Problembereich vertreten als bei Männern (30% der Frauen vs. 9.6% der Männer). Dahingegen waren berufliche Veränderungen überwiegend bei Männern (43%; bei Frauen 23%) Auslöser der Depression. Auch soziale Defizite wurden häufiger bei Männern thematisiert (9.5% vs. 4.9%). Auseinandersetzungen stand bei 31% der Frauen als Fokus im Vordergrund und bei 26% der Männer. Zu Beginn der Behandlung gab es auch deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Ausmass interpersoneller Probleme, wobei Männer eine signifikant problematischere interpersonelle Struktur aufwiesen als Frauen.

Es wird diskutiert, inwieweit der Schwerpunkt der IPT, nämlich die Bearbeitung psychosozialer und interpersoneller Probleme, vor allem für Frauen besondere Bedeutung hat.