Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A73
DOI: 10.1055/s-2005-917930

Erhalt von Kommunikationsmöglichkeiten bei Progressiver Supranukleärer Blickparese (PSP)

S Wagner 1, C Schlenker-Schulte 1
  • 1MLU Halle-Wittenberg, Inst. f. Rehabilitationspädagogik, FR Sprachbehindertenpädagogik, Halle / Saale

Fragestellung: Die Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP) ist eine progressive, neurodegenerative Erkrankung aus dem Parkinson-Plus-Spektrum. Im Verlauf der PSP kann es zum vollständigen Verlust aller gewohnten Kommunikationsformen kommen: Sprechen, Schreiben, Mimik, Gestik und die Blickkommunikation werden immer stärker eingeschränkt. Nach dem ICF-Modell der WHO stellen Aktivitäten (activities) und Teilhabe (participation) zentrale Aspekte der Rehabilitation dar. Beide Aspekte sind eng an die Möglichkeit zu kommunizieren geknüpft. Der Erhalt und die Stabilisierung der kommunikativen Möglichkeiten sollte demnach Teil der PSP-Therapie sein. Das vorliegende Projekt sollte klären, wie Menschen mit PSP die Einschränkung ihrer Kommunikationsfähigkeit subjektiv erleben und ob bzw. wie Möglichkeiten zum Erhalt der Kommunikationsfähigkeit derzeit in der PSP-Therapie umgesetzt werden.

Methode: In einer Fragebogenstudie wurden an PSP erkrankte Menschen aus allen Teilen Deutschlands zu ihren Kommunikationsmöglichkeiten (Sprechen, Sprache, Schreiben) und therapeutischen Maßnahmen zum Erhalt der Kommunikationsfähigkeit (logopädische Therapie, Kommunikationshilfen) befragt. Erfragt wurde auch die Auswirkung der Kommunikationseinschränkungen auf die Lebensqualität.

Ergebnis: Alle Befragten (N=21, Rücklauf 78%) berichteten über Einschränkungen in der mündlichen und der schriftlichen Kommunikation, wobei 90% „sehr bedrückt oder verärgert“ über ihre verringerten Kommunikationsmöglichkeiten waren. Obwohl 90% der Befragten subjektiv über Aussprachestörungen berichteten, erhalten nur zwei Drittel (14) der Befragten logopädische Therapie. Keine der befragten Personen nutzte zum Befragungszeitpunkt Kommunikationshilfen, aber 42% wollten sich sofort mit Kommunikationshilfen versorgen lassen. 70% der Befragten wollten mehr über Kommunikationshilfen erfahren.

Diskussion: Der Bedarf an Information über Kommunikationshilfen und der Wunsch nach Versorgung mit entsprechenden Möglichkeiten zeigt, dass der Erhalt der Kommunikationsmöglichkeiten für Menschen mit PSP derzeit noch nicht optimal in die Therapie integriert ist. Konzepte, die z.B. die medizinische oder die Dysarthrietherapie mit der Anbahnung alternativer Kommunikationsformen verknüpfen, müssen entwickelt und erprobt werden. Dazu bedarf es der interdisziplinären Zusammenarbeit von medizinischem und therapeutischem Personal.