Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A61
DOI: 10.1055/s-2005-917919

Nordic Walking – Eine moderne alltagstaugliche Form der Prävention?

M Schöttler 1, W Kühn 1, A Frey 1
  • 1Lahntalklinik, LVA Rheinprovinz, Nassau

Fragestellung: Ziel unserer Studie war, festzustellen, inwieweit Nordic Walking als alltagstaugliche Präventionsmaßnahme bei Erkrankungen des Haltungs- und Bewegungsapparates, aber auch als allgemeine Form der gesundheitlichen Prävention geeignet ist und in welchem Umfang die Patienten im Verlauf des stationären Heilverfahren in der Lahntalklinik motiviert werden konnten, das Nordic Walking Trianing zu Hause fortzuführen.

Methode: In unserer Studie haben wir 150 Patienten, die ein drei- bis vierwöchiges stationäres orthopädisches Heilverfahren in der Lahntalklinik absolviert haben, acht Wochen nach Beendigung des stationären Heilverfahrens nach der Durchführung von Nordic Walking am Heimatort in Form eines Fragebogens befragt. Alle Patienten führten während des stationären Heilverfahrens zwei- bis dreimal pro Woche ein Nordic Walking-Training, angeleitet durch ausgebildete und lizensierte Nordic Walking Trainer für 30 bis 60 Minuten durch.

Ergebnis: Insgesamt konnten 111 vollständige Datensätze ausgewertet werden. 79,3% der Patienten gaben an, Nordic Walking auch zu Hause durchzuführen. Unter Einschluss der Studien drop outs, d.h. unter der Annahme, dass Patienten, die den Fragebogen nicht zurückgesendet haben, auch kein Nordic Walking zu Hause durchführen, ergibt sich eine Umsetzungsrate von 58,3%. Die Trainingsempfehlungen zu Häufigkeit und Dauer, die den Patienten zum Abschluss der Rehabilitation gegeben wurden, wurden weitestgehend eingehalten. 62,1% der Patienten trainierte ein-, bis zweimal wöchentlich, 37,9% drei-, bis viermal pro Woche für eine Zeitdauer von ca. 45 Minuten (44,3%) und mehr als 60 Minuten (27,3%).

Die Patienten teilten im Fragebogen mit, dass neben gesundheitlichen Aspekten insbesondere auch die Freude an der Sportart Nordic Walking und psychische Faktoren wesentliche Gründe waren, warum sie Nordic Walking zu Hause weiter durchführen. In den Einzelauswertungen konnte festgestellt werden, dass sich durch das Nordic Walking bei 93% die körperliche Ausdauer verbesserte und bei 55% der Patienten das Körpergewicht deutlich reduzierte. Bei über 50% der Patienten kam es nach eigenen Angaben zu einer Besserung von Stressbelastbarkeit (63,1%) und Selbstwertgefühl (58,0%). Darüber hinaus führen 21% der Patienten eine Besserung ihrer Nervosität und Schlaflosigkeit auf das Nordic Walking zurück.

Diskussion: Die Bedeutung der Prävention bei degenerativen muskuloskelettalen Erkrankungen ist unstrittig und wird von der Politik gestützt, was u.a. durch die Verankerung eines Präventionsgesetzes im Gesundheitswesen zum Ausdruck kommt. Für die effektive Umsetzung und Realisierung von Präventionsmaßnahmen ist eine wichtige und entscheidende Frage, inwieweit Patienten während eines stationären Heilverfahrens dazu motiviert werden können, bestimmte Behandlungsformen, die sie im Verlauf des stationären Heilverfahrens erlernt haben, auch zu Hause weiter durchzuführen. Die Erfahrung aus den im Rahmen eines stationären Heilverfahrens angebotenen Therapieelementen ist, dass Behandlungen, die den Patienten Spaß machen (z.B. therapeutisches Bogenschießen, medizinische Trainingstherapie mit Biofeedback-Motorcontrol, therapeutisches Klettern, Nordic Walking, Koordinationstraining mit Biofeedback) wesentlich höhere Chancen haben, auch langfristig zu Hause durchgeführt zu werden.

Diese Voraussetzung des „Spaßfaktors“ vereint mit äußerst positiven Effekten auf körperliche Funktionen und die körperliche Leistungsfähigkeit sind beim Nordic Walking als eine junge und moderne Therapieform im Besonderen gegeben. Die Vorteile des Nordic Walking sind insbesondere, dass die Patienten auf ihrer jeweiligen individuellen Leistungsstufe ein gelenkschonendes körperliches Training im Ausdauer, koordinativen und Schnellkraftbereich durchführen können. Muskelgruppen der oberen und unteren Extremitäten, sowie die Rumpfmuskulatur, insbesondere die Rückenmuskulatur, werden beim Nordic Walking beansprucht, so dass diese Therapieform für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen oder Verschleißerkrankungen im Bereich der unteren Extremitäten hervorragend geeignet ist. Das Training ist auf unterschiedlichsten Belastungsstufen möglich, so dass die Trainingssteuerung sehr individuell erfolgen kann. Neben den positiven physischen Aspekten sind jedoch auch die psychischen Auswirkungen auf Stressbelastbarkeit, Selbstwertgefühl, Nervosität oder Schlaflosigkeit bekannt.

Fazit:

Aufgrund unserer Studie kommen wir zu dem Schluss, dass Nordic Walking, das im Verlauf einer stationären Rehabilitationsmaßnahme vermittelt wird, in besonderem Maße geeignet, als Trendsportart präventiven Aspekten Rechnung zu tragen, insbesondere deshalb, weil diese Sportart eine Vielzahl von Vorteilen in sich vereint. Auch körperlich funktionell eingeschränkte Patienten können Nordic Walking auf ihrem jeweiligen Leistungsniveau durchführen und daher positive Erlebnisse hinsichtlich ihrer körperlichen Aktivität erleben, was sich wiederum motivierend auf den weiteren Behandlungsverlauf und die Durchführung von Präventionsmaßnahmen auswirkt.

Literatur:

Church TS; Earnest CP; Morss GM: Field testing of physioogical responses associated with Nordic Walking. Research quarterly for exercise and sport; VOL: 73 (3); p. 296–300 / 2002–09

Liedtke G: Lagerstöm D: Nordic Walking – Megatrend, Gesundheitssport oder natürliche Bewegungsweise? Nordic walking – Mega trend, health sport or just a natural way of walking? B & G; VOL: 20 (5); p. 178–183 / 2004–10

Heinz M: Nordic Walking. Auch als Rehabilitationsmethode geeignet. Nordic walking. Also suitable in rehabilitation. Sportverletzung Sportschaden: Organ der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin: VOL: 17 (2); p. 55 / 2003–06