Fragestellung: In der rehabilitationswissenschaftlichen Forschung spielt das Konzept der Barrieren
im Rehabilitationsprozess eine immer wichtigere Rolle. Dabei werden unter anderem
die subjektive Bedürftigkeit, Motivation, Erwartungen, Grad der Informiertheit also
auch finanzielle und psychosoziale Aspekte als entscheidende Faktoren genannt (Petermann
2005). In der vorliegenden Studie wurden die Rehabilitationserwartungen und subjektiven
Barrieren von Patientinnen unter Berücksichtigung der der „ICF-Core Sets for breast
cancer“ (Brach et. al 2004) erfragt.
Methode: Die Studie handelt ist eine Querschnittsstudie, bei der zu zwei Zeitpunkten (Zeitpunkt
1: während der onkologischen Therapie, Zeitpunkt 2: 15±3 Monate danach) eine Fragebogenerhebung
bei Brustkrebspatientinnen durchgeführt wurde. Hierzu wurden neben standardisierten
Erhebungsinstrumenten (EORTC QLQ C30+BR23, SF-12, FKV-LIS-SE, HADS, SWE, FREM-17)
auch selbstentwickelte Fragen nach dem individuellen Rehabilitationsbedürfnis und
möglichen Hinderungsgründen verwendet. Die hier dargestellten Ergebnisse beziehen
sich auf 104 Patientinnen zum Zeitpunkt 1.
Ergebnis: Das mittlere Lebensalter der Patientinnen betrug 54±10,5 Jahre, der Therapiebeginn
lag zwischen November 2003 und März 2005. Der häufigste Schulabschluss war das Abitur
(33,0%), gefolgt vom Realschulabschluss mit 31,0%, der Rest der Patientinnen hatte
einen Hauptschul- oder Volksschulabschluss. 76,9% der Patientinnen erhielten eine
brusterhaltende Therapie (BET), bei 58,7% wurde eine Chemotherapie und bei 69,2% eine
Strahlentherapie durchgeführt. Als Gründe, keinen Antrag auf Rehabilitation zu stellen,
werden die Trennung vom sozialen Umfeld (56,6%) und die Aussage „ich möchte leben
wie zuvor“ (78,0% der Patientinnen) am häufigsten genannt. Nur 3,0% der Patientinnen
ist von einer Rehamaßnahme abgeraten worden und nur 9,6% rechnen nicht mit Unterstützung
durch ihre Angehörigen. 93,3% erwarten keine oder nur geringe negative Reaktionen
auf ihre Teilnahme an einer solchen Therapie. Die Argumente der zu großen Entfernung
des Ortes der Rehamaßnahme und der zu hohen finanziellen Belastung rangieren mit 7,8
und 12,1% auf den hinteren Plätzen der Rehabilitationsbarrieren. Die Haupterwartungen
an die Reha beziehen sich auf eine allgemeine Erholung (97,9%) und eine Verbesserung
der körperlichen Leistungsfähigkeit (97,9%). 80,9% der Patientinnen möchte mehr Informationen
über die eigene Erkrankung erhalten. Nur 17,7% suchen Hilfe bei der Rentenantragsstellung
und 40,7% nennen die Verbesserung des Lymphödems als Grund, an einer rehabilitativen
Maßnahme teilzunehmen. Die Auswertung des Fragebogen zur Erfassung rehabilitationsbezogener
Erwartungen und Motivationen (FREM-17) ergab für die Dimension Erholung durchschnittlich
11,9, für Gesundheit 10,3, für Coping 7,5 und für Rente 3,1 Punkte (die maximal mögliche
Punktzahl ist 15).
Diskussion: Es zeigt sich somit, dass sich die Erwartungen an die Rehabilitation überwiegend
auf Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und auf Erholung beziehen, was
auch noch durch die Ergebnisse der Auswertung des FREM-17 unterstützt wird. Des Weiteren
sollte dem großen Informationsbedüfnis der Patientinnen entsprochen werden und das
System der Informationsvermittlung ausgeweitet und verbessert werden. Als Barrieren
wurden Wunsch nach Distanz zur Krankheit und Verbleib im gewohnten sozialem Umfeld
angegeben. Dieser Ambivalenz der Patientinnen, auf der einen Seite der Wunsch nach
Abstand und auf der anderen Seite der Wunsch nach allgemeiner Unterstützung und Erholung
muss in der modernen Rehabilitationsmedizin Berücksichtigung finden.