Pneumologie 2005; 59(10): 737-738
DOI: 10.1055/s-2005-915551
Promotionsstipendien
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einfluss von Helminthen-Infektionen auf Allergien: Evaluierung des therapeutischen Potenzials von Wurmfaktoren in einem Mausmodell für Atemwegs-Hyperreaktivität und allergisches Asthma

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Publication History

Publication Date:
14 October 2005 (online)

Projektleiter und Institution

Prof. Dr. Hartwig Schulz-Key, Institut für Tropenmedizin, Universität Tübingen

Stipendiat

Diplombiologe Marc Hübner

Mehrere epidemiologische und immunepidemiologische Studien in Industrie- und Entwicklungsländern zeigen eine inverse Korrelation zwischen dem Befall mit parasitischen Würmern (Helminthen) und dem Vorkommen von bestimmten allergischen Erkrankungen. Diese Feststellung steht im Zusammenhang mit der sog. „Erweiterten Hygiene-Hypothese” [1] [2] [3]. Auch in zahlreichen, tierexperimentellen Arbeiten konnte eine Verringerung der Immunreaktivität gegen bestimmte Modellallergene festgestellt werden, wenn die Versuchstiere zuvor mit Helminthen infiziert wurden [4] [5]. In filarieninfizierten Mäusen war die Produktion von Ovalbumin-spezifischem IgG1 und IgE um das 4 - 20fache reduziert und die Eosinophilenzahl in Lunge und Bronchoalveolar-Lavageflüssigkeit war so niedrig wie bei den nicht sensibilisierten Kontrollen. Die Atemwegs-Hyperreaktivität war ebenfalls deutlich verringert. Milzzellen von filarieninfizierten Tieren enthielten mehr regulatorische T-Zellen als nicht infizierte Kontrollen. Unklar blieb die Rolle von IL 10 (eigene Beobachtungen).

Ziele des Projektes sind die Identifizierung und Charakterisierung von genetischen und immunologischen Faktoren, die bei der filarieninduzierten Suppression des allergischen Phänotyps eine Rolle spielen sowie die Evaluierung des therapeutischen Potenzials von Wurmfaktoren. Die Nagerfilarie Litomosoides sigmodontis ist gut für diese Fragestellung geeignet, da sich diese Nematoden leicht und in großer Zahl aus infizierten Versuchstieren gewinnen und etliche Wochen unter genau definierten Bedingungen in vitro kultivieren lassen [6]. Die von ihnen freigesetzten, immunmodulatorischen Substanzen (im Folgenden „Wurmfaktoren” genannt) können aus Kulturüberständen gewonnen, angereichert und ihre immunmodulatorische Wirkung in vitro und in vivo getestet werden. Folgende Arbeiten sind vorgesehen:

  • Mäuse des Inzuchtstammes BALB/c werden mit Filarien infiziert bzw. erhalten Applikationen von Wurmfaktoren. Zunächst werden - aus hoch infizierten Spendertieren gewonnene - immature, weibliche Adultwürmer, d. h. solche, die gerade ihre letzte Häutung hinter sich haben, aber noch keine Larvenstadien freisetzen, intraperitoneal implantiert [7]. Für die allergene Sensibilisierung wird den Versuchstieren intraperitoneal Ovalbumin (OVA) injiziert. Zusätzlich erfolgt eine intranasale Sensibilisierung. Die Atemwegsreaktivität wird mittels Ganzkörper-Plethysmographen quantifiziert [8]. Das Ausmaß der immunologischen Entzündung wird im Blut und verschiedenen Geweben mittels ELISA, Durchfluss-Zytometrie, immunhistochemischen und zytologischen Methoden verfolgt.

  • Ferner werden dendritische Zellen aus der Milz von filarieninfizierten und allergen-sensibilisierten Mäusen isoliert und in naive Mäuse injiziert, die dann ebenfalls mit OVA sensibilisiert werden. Klassische Marker wie CD4/CD25 sowie membranständiger Transforming Growth Factor β und die Expression des Transkriptionsfaktors FoxP3 dienen zum Nachweis von regulatorischen T-Zellen. Zudem wird aus diversen Organzellen, die in vivo oder in vitro Filarienantigen oder Wurmfaktoren exponiert waren, die RNA isoliert und mittels DNA-Chip-Technologie die Gesamt-Genexpression untersucht.

  • Des Weiteren werden Wurmfaktoren bzw. fraktionierte Kulturüberstände in definierter Konzentration in osmotische Minipumpen injiziert, diese dann intraperitoneal implantiert. Dadurch können Kandidatenfraktionen mit immunmodulatorischer Aktivität systemisch über einen Zeitraum von zwei Wochen appliziert werden. Weitere Untersuchungen beziehen sich auf den potenziellen therapeutischen Einsatz von Helminthen und die Charakterisierung immunmodulatorischer Komponenten und der biochemischen Natur von Wurmkulturüberständen.

Dieses Projekt wird in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. E. Hamelmann, Pädiatrische Pneumologie und Immunologie, Charité Berlin durchgeführt.

Literatur

  • 1 Sheikh A, Strachan D P. The hygiene theory: fact or fiction?.  Curr Opin Otolaryngol Head Neck Surg. 2004;  12 232-236
  • 2 Scrivener S, Yemaneberhan H, Zebenigus M. et al . Independent effects of intestinal parasite infection and domestic allergen exposure on risk of wheeze in ethiopia: a nested case-control study.  Lancet. 2001;  358 1493-1499
  • 3 Biggelaar A H van den, Ree R van, Rodrigues L C. et al . Decreased atopy in children infected with Schistosoma haematobium: a role for parasite-induced interleukin-10.  Lancet. 2000;  356 1723-1727
  • 4 Maizels R M, Balic A, Gomez-Escobar N. et al . Helminth parasites - masters of regulation.  Immunological Reviews. 2004;  201 89-116
  • 5 Wickelgren I. Can worms tame the immune system? Wielding worms on asthma and autoimmunity.  Science. 2004;  305 170-171
  • 6 Hoffmann W H, Petit G, Schulz-Key H. et al . Litomosoides sigmodontis in mice: reappraisal of an old model for filarial research.  Parasitol Today. 2000;  16 387-389
  • 7 Hoffmann W H, Pfaff A W, Schulz-Key H. et al . Determinants for resistance and susceptibility to microfilaraemia in Litomosoides sigmodontis filariasis.  Parasitology. 2001;  122 641-649
  • 8 Hamelmann E, Schwarze J, Takeda K. et al . Non-invasive measurement of airway responsiveness in allergic mice using barometric plethysmography.  Am J Respir Crit Care Med. 1997;  156 766-775
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