Handchir Mikrochir Plast Chir 2005; 37(5): 293-294
DOI: 10.1055/s-2005-872899
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lennart Mannerfelt, geboren 9. August 1923 - gestorben 16. Juli 2005

Lennart Mannerfelt, August 9, 1923 to July 16, 2005C. Ludwig1
  • 1Deutsche Interessengemeinschaft für Ambulante Handchirurgie DIAH e. V.
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Eingang des Manuskriptes: 18.9.2005

Angenommen: 18.9.2005

Publication Date:
14 November 2005 (online)

Prof. Dr. med. Gustaf Lennart Mansson Mannerfelt wurde am 9. 8. 1923 als Sohn des Magnus Mannerfelt, Kapitän im Schwedischen Generalstab, und seiner Frau Ingegerd, geb. Posse, in Stockholm geboren. (Abb. [1])

Abb. 1

Dort besuchte er von 1930 bis 1939 sowohl die Volksschule als auch die Höhere Schule. Das Gymnasium besuchte er von 1940 bis 1943 in Uppsala, wo er auch 1943 das humanistische Abitur ablegte. Das Abitur in Mathematik, Chemie und Physik schloss er 1944 bis 1945 ab.

Durch die Militärdienstpflicht von 1943 und 1945 wurde die Ausbildung unterbrochen. Im Anschluss war er Feldarztstipendiat im schwedischen Feldarztcorps, wonach er im Anschluss als Bataillonsarzt mit dem Dienstgrad des Hauptmanns tätig war.

Nach dem Abitur studierte er zunächst in Uppsala Medizin, wo er auch seine Frau Helena kennen lernte. Dort legte er am 2. 9. 1954 das Staatsexamen ab und erhielt gleichzeitig die Approbation als Arzt.

1949 heiratete er Maj Britta Helena Källmann, mit der er zwei Söhne hatte. Hans Henrik, 1952 geboren, studierte zunächst Architektur in Konstanz und wechselte später in die Zahnmedizin, der er heute noch in Schweden in eigener Praxis nachgeht. Richard, 1953 geboren, der zunächst Forstwirtschaft in Göttingen studierte, wechselte ebenfalls in die Zahnmedizin und ist heute in eigener Praxis in Öhringen als Kieferorthopäde tätig.

In den letzten gemeinsamen Jahren pflegte und umsorgte Lennart Mannerfelt seine Frau Helena liebevoll zu Hause, wo sie nach langem Leiden 1988 an MS verstarb.

Zwei Jahre später ging er mit Klara Hartl die zweite Ehe ein, mit der er bis zu seinem Tode in Dauchingen lebte. Mit ihr konnte er auch sein Hobby, das Golfspiel, wieder aufnehmen, was ihn immer wieder neu faszinierte.

Vor dem Staatsexamen 1954 war Lennart Mannerfelt schon acht Monate an der Chirurgischen Abteilung der Universität Göteborg tätig, wo er auch seine handchirurgische Ausbildung von Erik Moberg bis Juli 1956 erhielt. Einer weiteren allgemeinchirurgischen Ausbildung bei Lindberg in Boros von 1959 folgte die Plastisch-Chirurgische Ausbildung bei Johannson in Göteborg.

An der Orthopädischen Universitätsklinik Lund wirkte er bei Gunnar Wiberg von 1961 bis 1972, wo er 1962 seinen Facharzt für Handchirurgie und 1965 seinen Facharzt für Orthopädie erhielt.

Im Oktober 1965 wurde er als Oberarzt Chef der Handchirurgischen Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik Lund, promovierte im April 1966 mit der Arbeit „Studies of the Hand in Ulnar Nerve Paralysis“ und bekam im Dezember 1966 den Lehrauftrag für Handchirurgie, dem im Mai 1969 der Lehrauftrag für Orthopädie folgte.

Offensichtlich aus innenpolitischen Gründen verließ er Mitte 1972 Schweden, um sich mit seiner Familie in Deutschland ein sicheres Fundament für seine weitere Arbeit zu schaffen. Es zog ihn insbesondere in den Schwarzwald, wo er vom 1. 1. 1973 bis 30. 6. 1988 in Villingen als Chefarzt die Handchirurgische Abteilung am Goldenbühl-Krankenhaus leitete.

Bei dieser Aufgabe blieb es nicht allein: Ab April 1973 war er als Konsiliarius im Staatlichen Rheumakrankenhaus „Landesbad“ Baden-Baden bei Franke tätig. Unter seiner Leitung wurde auch das Handchirurgische Seminar - Basiskurse 1 und folgende - 1979 in Baden-Baden ins Leben gerufen. Ferner erhielt er im Juni 1975 für das Fach Orthopädie die Lehrbefugnis von der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen.

Nach Beenden seiner Klinikkarriere im Juli 1988 fand er noch immer keine Ruhe und gründete eine Handchirurgische Praxis in Bad Dürrheim. Als nunmehr neu niedergelassener Handchirurg hatte er in Kenntnis der Basis das Ziel, eine qualitativ hochwertige ambulante Handchirurgie in der Praxis zu stärken und zu etablieren.

So gründete er zusammen mit Regine Oetker und Hans Lohmann im März 1992 in Fulda im Hotel Wiesenmühle die „Deutsche Interessengemeinschaft für Ambulante Handchirurgie DIAH e. V.“, der ausschließlich Chirurgen, Orthopäden und Plastische Chirurgen mit der Zusatzbezeichnung Handchirurgie angehören. Sein Geist hat unsere Interessengemeinschaft entscheidend geprägt. Sein ungeheurer Erfahrungsschatz war für uns eine wertvolle Hilfe und beflügelte in vielerlei Hinsicht. Von seinen Diskussionsbeiträgen konnte man nur profitieren.

Lennart Mannerfelts Arbeit ist umfassend: Von der Entwicklung der „Mannerfelt-Arthrodese des Handgelenkes“ beim Rheumatiker finden wir neben der „Mannerfeltschen Krypte“ unzählige Veröffentlichungen im schwedischen, deutschen und internationalen Schrifttum. Diesen und vor allem seinen Kapiteln in einigen Lehrbüchern, wie zum Beispiel „Orthopädische Technik“ oder „Orthesenversorgung der oberen Extremität“, insbesondere in der Orthopädischen Rheumachirurgie, wird man immer wieder begegnen. Auch sind seine Instrumente und Geräte, beispielsweise das Intrinsometer zur Kraftmessung, sowie besondere Werkstoffe für Handübungen des Rheumatikers von großer Bedeutung. Lennart Mannerfelt hat gerade hier immense Pionierarbeit geleistet. Sein Engagement im Schwedischen und Skandinavischen Verein für Orthopädie, Chirurgie und Rheumatologie, im Skandinavischen Club für Handchirurgie, in der Group d'Étude de la Main, in der S.O.F.C.O.T., in der S.I.C.O.T., in der British Society for Surgery of the Hand, in der DAH, in der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Rheumaorthopädie und in der Eigenschaft als Gründer und Leiter der IRH (International Group for Study of the Rheumatoid Hand) war außergewöhnlich. Seine zahlreichen Vorträge und Kurse im europäischen Ausland und den USA ergänzen das Bild. Nicht zu vergessen, war er mit seiner aktiven Mitarbeit im Baseler Handclub unter der Leitung von Henry Nigst gern gesehener Mitstreiter. Insbesondere der persönliche Kontakt und die Diskussion, die ihm sehr wichtig waren, waren sehr ergiebig (Nigst).

Groteskerweise erhielt Mannerfelt erst am Ende seiner Laufbahn durch die LÄK Baden-Württemberg am 19. 5. 1995 das Recht zuerteilt, die Zusatzbezeichnung „Handchirurgie“ zu führen. Im Alter von 75 Jahren beendete er schließlich seine Praxis am 1. 10. 1998.

Kein anderer als der Ehrenvorsitzende Mannerfelt wurde zum Ausrichten des Millennium-Symposions der DIAH 2000 in Villingen vorgeschlagen. Diese Aufgabe nahm er in bekannter Weise sehr ernst und setzte auch hier erneut Maßstäbe.

Seine Krankheit hat ihm jedoch nicht mehr jede Teilnahme an unseren Symposien und Kongressen erlaubt. Die letzten Jahre hat er im Kreise seiner Frau und seiner Schwägerin in Geborgenheit verbringen dürfen. Die Hände seiner Frau Klara - Hände, die ihn hegten und ihm Halt gaben - symbolisieren seinen Lebensinhalt: Hände.

Bei einem meiner Besuche bei ihm fand ich im Keller seines Hauses eine Tür vor, die mit den Buchstaben „HFI“ versehen war. Nicht nur, dass damit das Handchirurgische Forschungs-Institut gemeint war, in dem sich hunderte von Büchern, Diapositiven, Arbeiten und Veröffentlichungen verbargen, vielmehr fielen mir einige bemerkenswerte Zitate auf:

Die Ordnung ist der Feind der Kunst. Nur in der Unordnung gedeihen die schöpferischen Kräfte. - Salvador Dali Ein leerer Schreibtisch ist eine Diagnose! - Prof. L. Brescia Nur kleine Geister brauchen Ordnung, das Genie beherrscht das Chaos. - n. n. Der Wissende weiß, dass er (auch) glauben muss. - Dürrenmatt

So wie Lennart Mannerfelt uns auf dem Foto entgegen schaut, werden wir ihn in Erinnerung behalten: ein Mensch mit wachen Augen, Forschergeist, Tatendrang, Hilfsbereitschaft und Herzensbildung.

Danke für die Zeit mit Dir!

Christian Ludwig, Mannheim, 1. Vorsitzender DIAH e. V.

Christian Ludwig 1. Vorsitzender DIAH e. V.

Waldhofstraße 204

68169 Mannheim

Email: ch.ludwig@cmhf.de

URL: http://www.handchirurgie-diah.de

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