B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2005; 21(5): 215-222
DOI: 10.1055/s-2005-872491
WISSENSCHAFT

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Selbstverletzendes Verhalten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen - Eine Erkundungsstudie zum Körperkonzept

Self-injurious behaviour in adolescents and young adults: A study on body conceptA. Degener1 , H. Deimel1
  • 1Institut für Rehabilitation und Behindertensport, Deutsche Sporthochschule Köln
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Publication Date:
24 October 2005 (online)

Einleitung

„Eine schmale Klinge, scharf und wie ein Stern am dunklen Firmament.
Ich greife danach.
Spiele mit ihr, sehe sie an.
Mein Kopf ist blockiert, ich denke nicht mehr nach, spüre nur meinen inneren Schmerz.
Ich schiebe meinen Ärmel hoch, sehe die Narben.
Betrachte sie, finde sie schön und hasse sie.
Ich ziehe die Klinge über mein Fleisch und sehe die rote Spur.
Rote stumme Tränen rinnen über meinen Arm und fallen zu Boden.
Niemand wird sie hören oder sehen.
Kein Laut kommt über meine Lippen.
Erleichterung durchströmt mich.
Mir geht es gut.
Ich lebe.
Doch ist das Leben???”

Anonymes Gedicht einer Betroffenen aus dem Internet

Selbstverletzendes Verhalten verbreitet sich zunehmend unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unserer Gesellschaft. Selbstverletzungen sind in Jugendeinrichtungen schon an der Tagesordnung, es wird von „Epidemien” in Schulklassen berichtet und auch im jugendpsychiatrischen Bereich scheint die Zahl der Betroffenen gestiegen, wenngleich keine epidemiologischen Studien vorfindbar sind. Eltern, Lehrer und Freunde stehen dem Phänomen meist ratlos gegenüber. Sie reagieren betroffen, verängstigt, wütend, doch finden nur selten einen Weg, um wirksam zu helfen.

Literatur

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Annette DegenerDiplom-Sportwissenschaftlerin 

Institut für Rehabilitation und Behindertensport, Deutsche Sporthochschule Köln

50927 Köln

Email: degener@dshs-koeln.de

Dr. Hubertus Deimel

Institut für Rehabilitation und Behindertensport, Deutsche Sporthochschule Köln

50927 Köln

Email: deimel@dshs-koeln.de

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