Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P57
DOI: 10.1055/s-2005-871508

Gerinnungstörung bei einem Neugeborenen mit Ovarialzyste – erstes Zeichen einer klassischen Galaktosämie

B Wiewrodt 1, S Steindl 1, S Holzhauer 1, D Singer 1
  • 1Universitätskinderklinik Würzburg, Würzburg, D

Einleitung: Wir berichten über ein reifes Neugeborenes, bei dem sich ein präoperativ aufgefallener „Faktor V-Mangel“ als Primärsymptom einer Galaktosämie herausstellte.

Kasuistik: Eutrophes weibliches Neugeborenes (40+1 SSW, GG 3820g) konsanguiner Eltern mit bereits pränatal diagnostizierter Ovarialzyste links (Volumen 150ml). Im Rahmen der Operationsvorbereitung fiel am 4. LT eine Gerinnungsstörung auf mit einer PTT-Verlängerung (85sec) und einer Erniedrigung des Quick-Wertes (27%) sowie fehlendem Ansprechen auf zusätzliche Vitamin K-Gabe. Die übrigen Laborparameter – insbesondere die Leberwerte – lagen im altersentsprechenden Normbereich (Bz 62mg/dl, GE 5g/dl, Albumin 3,6mg/dl, GOT 56U/l, GPT 27U/l, gGT 77U/l, direktes Bilirubin 0,5mg/dl). Es erfolgte eine Einzelfaktorenanalyse, die ein fast vollständiges Fehlen der Faktor V-Aktivität (<5%) ergab; die übrigen Faktoren lagen im altersentsprechenden Normbereich (bis auf FII und FVII, die grenzwertig erniedrigt waren), so dass zunächst an einen hereditären Faktor V-Mangel (Hypoproakzelerinämie) gedacht wurde.

Im Neugeborenenscreening wurde am 6. LT eine klassische Galaktosämie (Gal-1-P 10,1mg/dl (Norm 0–0,3), GALT 0µmol/h/g Hb (Norm 20–35)) diagnostiziert.

Zeitgleich fiel das anfangs unbeeinträchtigte Neugeborenen zunehmend durch Erbrechen und eine diskrete Blutungsneigung (leichte Nabelblutung und intermittierende Blutbeimengungen im Stuhl) auf. Bei zunehmender Gerinnungsstörung (Quick 19% und PTT>200sec) erfolgte die zweimalige Gabe von FFP. Daraufhin mäßiger Anstieg der Gerinnungsparameter.

Im Verlauf beginnender Anstieg der Transaminasen, des direkten Bilirubins (2mg/dl) und des Ammoniaks (166µg/dl).

Nach sofortigem Umstellen auf laktosefreie Nahrung normalisierten sich die klinische Symtpomatik und die Laborparameter im weiteren Verlauf.

Ein Faktor V-Mangel bei den Eltern konnte sicher ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung: Die Kasuistik belegt durch das zufällige Abnehmen eines Gerinnungsstatus bei einem scheinbar gesunden Neugeborenen die hohe Sensitivität des Faktor V auf beginnende Leberparenchymschäden. Gerinnungsstörungen können beim Neugeborenen das erste Symptom noch unbekannter Leberparenchymstörungen – in diesem Falle einer Galaktosämie – sein.