Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P52
DOI: 10.1055/s-2005-871503

Komplexer Herzfehler bei Trisomie 16-Mosaik

G Haverkämper 1, M Emeis 1, B Stiller 2, M Stumm 3, R Rossi 1
  • 1Vivantes Klinikum Neukölln
  • 2Deutsches Herzzentrum
  • 3Zentrum für Pränataldiagnostik, Berlin, D

Hintergrund: Ein Trisomie 16-Mosaik ist eine äußerst seltene chromosomale Störung, bei der es durch eine postzygotische Mutation zur Ausbildung genetisch unterschiedlicher Zelllinien kommt. Eine Trisomie 16, die alle Zellen betrifft, ist mit dem Leben nicht vereinbar und der häufigste Grund für einen Abort. Die klinische Ausprägung und Prognose eines genetischen Mosaiks sind dagegen sehr variabel und hängen von Anzahl und Verteilung der mutierten Zellen ab. Als Symptome sind IUGR, Herzfehler, andere Begleitfehlbildungen sowie Frühgeburtlichkeit beschrieben.

Fallbericht: In der zweiten, spontanen Schwangerschaft einer 33jährigen Frau wurden in der 12. SSW sonographisch eine verdickte Nackenfalte, eine singuläre Nabelarterie sowie eine kleine Omphalocele festgestellt. Eine Fruchtwasseranalyse ergab den Befund eines Trisomie 16-Mosaiks (mos 47,XX, +16/46,XX) in etwa 14% der untersuchten Zellen. Weitere Kontrollen zeigten eine symmetrische Wachtsumsretardierung und ein muskulärer VSD. Nach 35+4 SSW wurde das Kind per Sectio aus mütterlicher Indikation geboren. Es fielen klinisch ein hoher asymmetrischer Haaransatz, Flexionskontrakturen, Vierfingerfurche und ein Hautanhängsel der linken Hand sowie eine generalisierte Muskelhypotonie und Trinkschwäche auf. Das Geburtsgewicht lag mit 1865g unterhalb der 10.Perzentile, die transkutane Sauerstoffsättigung betrug bei Raumluft 90%. Echokardiographisch zeigte sich ein Double-outlet-right-ventricle, eine d-TGA, ein subpulmonaler VSD, ein ASD II und ein PDA mit L-R-Shunt. Der rechte Ventrikel war vergrößert. Die Mitralklappe war schmächtig, ohne erkennbare Restriktion. Desweiteren zeigte sich sonographisch eine Doppelanlage der rechten Niere. In einer Chromosomenanalyse aus kindlichen Leukozyten ließ sich keine Mutation nachweisen! Nach zunächst stabilen kardiorespiratorischen Verhältnissen verschlechterte sich der Zustand am 11. LT durch eine zunehmende Überflutung der Lungenstrombahn, so dass das Kind beatmungspflichtig wurde. Durch ein Banding der Pulmonalarterie und unter diuretischer und nachlastsenkender Therapie befindet sich das Kind momentan in gutem AZ bei noch leicht erhöhtem Sauerstoffbedarf. Befriedigende Gewichtszunahme bei ausreichendem Trinkverhalten. Eine Korrektur-Operation des angeborenen Herzfehlers ist das nächste Ziel unserer Behandlung.

Fazit: Der Nachweis eines genetischen Mosaikes kann durch Zellanalyse aus Fruchtwasser, Nabelschnurblut oder fetalem Urin erfolgen. Die erhaltene Verteilung der mutierten Zellen spiegelt nicht zwangsläufig die Verhältnisse im Kind wieder. Daher sind pränatale Aussagen über klinischen Verlauf und Prognose nur schwer möglich. Der häufigste, die Prognose limitierende Faktor ist sicherlich, wie in unserem Fall, die Korrigierbarkeit des angeborenen Herzfehlers. Eine postpartale Chromosomenanalyse zur Diagnosebestätigung sollte nicht aus Lymphozyten erfolgen, da die Mutation in diesen vermutlich nicht erscheint.