Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P48
DOI: 10.1055/s-2005-871499

Die Appendizitis im Neugeborenenalter – ein Fallbericht

M Scheler-Hofmann 1, C Niesytto 1, K Knösel 1, OA Festge 1, G Lorenz 1, C Fusch 1, RD Stenger 1
  • 1Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Greifswald, D

Einleitung: Das Auftreten einer akuten Appendizitis im Neugeborenenalter ist sehr selten. Knaben und Frühgeborene sind häufiger als Mädchen und Termingeborene betroffen. Die Diagnose wird fast nur intraoperativ gestellt. Klinisch wird zumeist eine Ileussymptomatik, vereinzelt mit Bauchwandödem oder einer tastbarer Unterbauchresistenz, beobachtet. Die röntgenologischen Zeichen mit pathologischer Darmluftverteilung und Dünndarmspiegeln erlauben keine sichere Entzündungslokalisation. Pathogenetisch werden Frühgeburtlichkeit, Asphyxie, vorzeitiger Blasensprung und Katheterismus der umbilicalen Gefäße als mögliche Ursachen beschrieben. Auch im Rahmen einer nekrotisierenden Enterocolitis kann es zu einer lokalen Entzündung der Appendix vermicularis kommen, während in den übrigen Darmabschnitten bereits vollständige Abheilungsprozesse erfolgt sind.

Fallbericht: Wir berichten über ein weibliches Frühgeborenes in der 29. SSW (Geburtsgewicht 1150g, Länge 37cm). Die Geburt erfolgte durch Sectio caesarea bei pathologischem CTG, vorzeitigem Blasensprung und Beckenendlage (APGAR-Werte 9/9/9, Nabelschnur-pH 7,310). Postnatal erfolgten die Versorgung mit n-CPAP-Atemhilfe und der Beginn einer antibiotischen Therapie wegen Amnioninfektionssyndrom. Zunächst war ein normaler Nahrungsaufbau vom 4.-16. Lebenstag möglich. Danach verschlechterte sich der Allgemeinzustand bei wechselnden Distensionen des Abdomens. Ein erneuter oraler Ernährungsversuch misslang bei tastbaren Dünndarmschlingen und ansteigenden Entzündungswerten. Röntgenaufnahmen des Abdomens lieferten jetzt typische Hinweise für eine nekrotisierende Enterokolitis, die zunächst mit Antibiotika und erneuter Nahrungskarenz behandelt wurde. Bei weiterer Verschlechterung mit Apnoen, galligem Erbrechen und einer unklaren Resistenz im rechten Unterbauch zeigte ein Kolonkontrasteinlauf einen Passagestopp im mittleren Colon ascendens mit geblähten Dünndarmschlingen als Zeichen eines mechanischen Ileus. Bei der nachfolgenden Laparotomie wurde wegen einer nekro-tisierenden Appendicitis bei sonst unauffälligem Darmbefund eine Appendektomie durchgeführt. Postoperativ erfolgten ein jetzt unkomplizierter Nahrungsaufbau und die Entlassung am 69. Lebenstag.

Schlussfolgerungen: Im Verlauf des Heilungsprozesses einer nekrotisierenden Enterokolitis kann es zu fortschreitenden, lokalisierten entzündlichen Veränderungen der Appendix vermicularis mit Nekrose und Perforation kommen. Ein solcher Verlauf wäre auch bei unserer vorgestellten Patientin denkbar. Die klinischen Symptome sind zunächst oft unspezifisch. Die infolge eines Ileus notwendig Laparotomie führte schließlich zur Diagnose.