Fallbericht: Die Mutter ist eine 31-jährige, 2.-Gravida, 2.-Para ohne wesentliche Vorerkrankungen.
Der Schwangerschaftverlauf war kompliziert durch eine Cervixinsuffizienz ab der 21.
SSW sowie einen Plazentatumor mit Polyhydramnion in der 26. SSW. In der 35 + 0/7 Schwangerschaftswoche
kam die Mutter mit akuten Bauchschmerzen zur Aufnahme, eine Dauerbradykardie im CTG
ergab die Indikation zur Notsectio. Klinisch und laborchemisch ergaben sich bei der
Mutter keine Hinweise auf eine Infektion, ein vorzeitiger Blasensprung lag nicht vor.
Das Kind wurde aus fötide riechendem, jaucheartigem Fruchtwasser per Sectio entbunden
und bei fehlender Spontanatmung und Bradykardie unmittelbar postnatal intubiert. Es
wurde sofort eine antibiotische Therapie und bei fortbestehender Bradykardie eine
Therapie mit Suprarenin begonnen. Dennoch persistierte über die nächsten Stunden eine
schwere arterielle Hypotonie, der auch durch maximale Katecholamin- und Volumentherapie
nicht gegengesteuert werden konnte, so dass das Kind im Alter von 3 3/4 Stunden in
der Kreislaufinsuffizienz bei therapierefrakträrem SIRS (Systemic inflammatory response
syndrome) verstarb. Im Nabelschnurblut zeigte sich bei noch negativem CRP eine exzessive
Erhöhung von Interleukin 6 (>100,000 pg/ml). In der Blutkultur und den Oberflächenabstrichen
des Kindes sowie dem Plazentaabstrich wurde jeweils identisch Streptococcus intermedius
nachgewiesen. Der Obduktionsbefund ergab außer einer fetalen Pneumonie keine spezifischen
Befunde. Die Plazentahistologie zeigte eine beginnende Chorioamnionitis. Die Gesamtkonzentration
von IgG im Serum des Kindes war mit 206mg/dl deutlich reduziert; die Mutter wird derzeit
auf einen möglicherweise zugrunde liegenden Immunglobulin-Subklassen-Defekt untersucht,
ansonsten ergeben sich keine Hinweise auf einen Immundefekt. Abszesse oder ein kariöser
Zahnstatus fanden sich ebenfalls nicht.
Diskussion und Schlussfolgerung: Streptococcus intermedius, ein Vertreter der S. anginosus-Gruppe, gehört zu den sogenannten
vergrünenden oder Abszess-Streptokokken, denen insgesamt eine niedrige Pathogenität
unterstellt wird. Sein natürliches Habitat sind vorwiegend die Mundhöhle und der HNO-Bereich,
weniger die Urogenitalregion. Der Keim kann in seltenen Fällen – insbesondere bei
Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus – zu Abszessen führen, die gelegentlich auch
hämatogen streuen. In der Literatur findet sich kein klinischer Fallbericht einer
intrauterinen Infektion mit septischem Verlauf beim Neugeborenen durch S. intermedius.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die schwerste intrauterine Infektion
des Feten durch Aszension des Keims aus den mütterlichen Geburtswegen zustande gekommen
ist – möglicherweise durch die intakten Fruchthäute hindurch. Der Fall zeigt, dass
auch extrem ungewöhnliche und mutmaßlich wenig pathogene Keime zu foudroyanten fetalen
Sepsissyndromen mit tödlichem Ausgang führen können, trotz maximaler Therapie.