Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P28
DOI: 10.1055/s-2005-871479

Akute Querschnittslähmung im Adoleszentenalter – Transverse Myelitis

K Petersen 1, T Rettig 1, A Lingenauber 1, D Weise 1, A von der Wense 1
  • 1Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg, D

Wir berichten über ein 14jähriges Mädchens mit akut einsetzender Querschnittslähmung. Die durchgeführte Bildgebung, Differentialdiagnose, aktuelle therapeutische und prognostische Gesichtspunkte werden demonstriert bzw. diskutiert.

Anamnese: Die Patientin erkrankt aus völliger Gesundheit. In der Vorgeschichte finden sich keine Anhaltspunkte für einen Infekt, ein Trauma oder eine kürzlich durchgeführte Impfung. Am Krankheitstag kommt es aus dem Schlaf heraus zu Rückenschmerzen und Parästhesien in den Beinen. Wenige Stunden später hat sich eine schlaffe Lähmung der unteren Extremität sowie eine Blasentleerungsstörung entwickelt. Der übrige körperliche und neurologische Untersuchungsstatus ist bis auf eine Adipositas unauffällig.

Diagnostik: Zum Ausschluss raumfordernder Prozesse erfolgte ein MRT unmittelbar nach stationärer Aufnahme. Trotz der bereits voll ausgeprägten klinischen Symptomatik zeigte sich kein pathologischen Befund an Cerebrum oder Rückenmark. Die daraufhin durchgeführte Lumbalpunktion war unauffällig hinsichtlich Zellzahl, Eiweißgehalt und Glucose. Es ließen sich oligoklonale Banden nachweisen, interpretiert als unspezifische Veränderungen.

Die neurophysiologischen Untersuchungen (Tibialis SSEP) wiesen beidseits Zeichen einer höhergradigen Leitungsstörung auf. Da auch der klinische Befund persistierte, erfolgte 24 Stunden nach 1. Bildgebung eine Kontrolluntersuchung. Sie zeigte in der T2- Gewichtung eine Signalanhebung dorsal, von BWK 9 abwärts, im Sinne eines entzündlichen Prozesses. Diese Veränderungen waren auch nach zwei Wochen später unverändert nachweisbar.

Die zusätzlich durchgeführte Thrombophiliediagnostik, sowie infektiologische Diagnostik (Borrelien, Mykoplasmen, EBV, Herpes Serologie/PCR) in Serum und Liquor war unauffällig.

Therapie und Verlauf: Die im Laufe des ersten Tages entstandene Symptomatik resultierte in einer schlaffen Lähmung ab L1, aufgelöstem Berührungs- und Schmerzempfinden ab Th12 rechts und L3 links, wobei es eine Übergangszone mit Kribbelparästhesien gab. Die Tiefensensibilität war noch eingeschränkt vorhanden. Vigilanz und Sprache blieben unbeeinträchtigt. Während des stationären Aufenthaltes zeigten sich Atmung und Kreislauf stets stabil. Die Patientin erhielt über 3 Tage eine hochdosierte Methylprednisolontherapie. Die Symptome bildeten sich bis zur Verlegung in eine Rehabilitationsklinik 2 Wochen nach Erkrankungsbeginn nicht zurück.

Zusammmenfassung: Die akute Querschnittslähmung bei transverser Myelitis ist ein seltenes, extrem einschneidendes Ereignis für einen jungen Menschen. Die Ätiologie kann in ca. 50% der Fälle nicht geklärt werden. Rasch einsetzende Lähmungen, wie bei unserer Patientin beobachtet, stellen eine prognostisch ungünstiges Zeichen dar.