Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P27
DOI: 10.1055/s-2005-871478

Die fatale Assoziation intrakranieller AV-Malformationen mit Aortenisthmusstenose

D Scholz 1, G Schwesinger 1, D Grabow 1, G Kallwellis 1, C Fusch 1
  • 1Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Greifswald, D

Einleitung: Intrakranielle AV-Malformationen können bereits im Neugeborenenalter schwere Komplikationen verursachen. Der massive Abfluss von oxygeniertem Blut in den zerebro-vaskulären Kreislauf nach Verlust des plazentalen Niederdrucksystems führt nicht selten zur pulmonalen Hypertension und Rechtsherzversagen. Wir stellen 2 Kasuistiken unseres Perinatalzentrums vor, bei denen aufgrund einer assoziierten Aortenisthmusstenose die Zirkulation in der unteren Körperhälfte fast völlig von der Leistung des rechten Ventrikels abhing.

Kasuistik 1: Zunächst unauffälliger Schwangerschaftsverlauf, gegen Ende Entwicklung eines Polyhydramnions, Geburt im auswärtigen KH. Das weibliche Neugeborene (38+2 SSW, 3200g, KU 34,5cm, APGAR 9/9/10, Nabelschnur-pH 7,27) wurde am 3. LT mit Tachydyspnoe unter dem V.a. ein hämodynamisch wirksames Vitium zu uns verlegt. Die Echokardiographie zeigte eine massive Reschtsherz-Hypertrophie mit Rechts-Links-Shunt durchs offene Foramen ovale. In der Schädelsonographie punktförmige Echodichtevermehrungen, daher MRT: Überraschender Nachweis eines akzessorischen Gefäßes mit arterio-venösem Kurzschluss zwischen der A. cerebri posterior und dem Sinus rectus als Ursache der Kreislaufbelastung. Angesichts massiver Kreislaufinsuffizienz wurde auf eine Intervention verzichtet. In der Autopsie fand sich zusätzlich eine präduktale Aortenisthmusstenose.

Kasuistik 2: Bei einem männlichen Feten wurde im 3. Trimenon eine aneurysmatische Fehlbildung der Vena Galeni diagnostiziert, intrauterine Verlegung ins Perinatalzentrum, Spontangeburt nach 38+0 SSW (3240g, KU 33,5cm, APGAR 8/8/9, Nabelschnur-pH 7,21). Im postnatalen MRT Nachweis einer monströsen Vena-Galeni-Malformation, gespeist durch multiple arterielle Zuflüsse aus dem Stromgebiet der ektasierten rechten A. carotis und Erweiterung der abführenden Sinus bis zur oberen Hohlvene. Echokardiographisch wurde neben den Zeichen der massiven Kreislaufbelastung als Überraschungsbefund zusätzlich eine juxtaduktale Aortenisthmusstenose mit massiver biventrikulärer Hypertrophie bei suprasystemischem Druck in der Lungenarterie gefunden. Angesichts der Kombination beider Fehlbildungen und des schlechten klinischen Zustandes wurde auch hier auf eine Intervention verzichtet.

Diskussion: Die neuroradiologisch-interventionelle Therapie einer isolierten Vena-Galeni-Malformation ist in den ersten Lebenswochen nur bei kompensierter Kreislaufsituation erfolgreich. Die Kombination mit einer präduktalen Aortenisthmusstenose ändert die Prognose jedoch drastisch: der rechte Ventrikel versorgt postnatal die untere Körperhälfte über den Ductus arteriosus, die Perfusion der AV-Malformation neben der Versorgung der oberen Körperhälfte führt bereits zur Dekompensation des linken Ventrikels. Nach einer Gefäßkorrektur mit Entkopplung der beiden Kreisläufe ohne gleichzeitigen Verschluss der AV-Malformation (ein praktisch unmögliches Unterfangen) besteht die große Gefahr des akuten Linksherzversagens.