Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P15
DOI: 10.1055/s-2005-871466

Verbesserung der medizinischen Versorgung und des Outcomes von VLBW-Frühgeborenen durch klinisches Benchmarking

E Tschirch 1, C Bätzel 2, RR Wauer 2, R Trawöger 1, G Reiter 1, M Rüdiger 1
  • 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendliche, Innsbruck, A
  • 2Klinik für Neonatologie, Charité Campus Mitte, Berlin, D

Hintergrund: In der Intensivtherapie von Frühgeborenen <1500g (VLBW) stellt die Langzeitmorbidität und die damit verbundene lange stationäre Verweildauer ein zentrales Problem dar. Eine erfolgreiche Methode, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern, ist das klinische Benchmarking. Benchmarking ist die Suche nach Lösungen, die auf den derzeit besten Methoden und Verfahren basieren, durch Vergleich mit den Besten.

Fragestellung: Anhand der von 1997 bis 2001 im Rahmen des Vermont-Oxford-Neonatal-Networks (VONN) erhobenen Daten wurde ein Benchmarking-Projekt an der Berliner Klinik für Neonatologie der Charité Campus Mitte (Neo-CCM) und der Abteilung für Neonatologie der Universitätskinderklinik in Innsbruck (Neo-UKI) durchgeführt.

Methodik: Im Rahmen des VONN werden peri- und postnatale Daten zur Morbidität aller Frühgeborenen <1500g erfasst. Die Daten der beiden Kliniken Neo-CCM und Neo-UKI wurden miteinander verglichen. Parameter wurden als Problem bzw. Exzellenz definiert, wenn sie im Vergleich mit der Gesamtpopulation des VONN unterhalb der 25. bzw. oberhalb der 75. Perzentile lagen. Anschließend wurde zu den definierten Problemparametern eine Analyse der externen Evidenz mittels Literatursuche in PubMed und der Cochrane Datenbank durchgeführt. Dann wurde einfragebogen zu gezielten Handlungsstrategien und –richtlinien entworfen. Die Auswertung stellt vorhandene Unterschiede in den Prozessabläufen und Handlungsrichtlinien der beiden Kliniken dar.

Ergebnisse: Als Problemparameter fanden sich in den Kliniken u.a. die bakteriellen Infektionen, das Atemnotsyndrom und die nekrotisierende Enterokolitis. Die Analyse der Handlungsstrategien im Infektionsmanagement zeigte, dass Unterschiede in standardisierten Protokollen zur Abnahme von Blutkulturen, in Liegezeiten von zentralen und peripheren Kathetern, der Heparinisierung von zentralen Zugängen und der Antibiotikaprophylaxe bei Blasenkathetern bestanden. Die respiratorischen Interventionen wiesen eine Differenz zwischen den Kliniken in dem Zeitpunkt der Surfactantgabe, der Dauer der Sauerstoffsupplementation und der Definition von Hypoxie, Hyperoxie und Hypokapnie auf. Im Bereich der Ernährung fanden sich unterschiedliche Handlungsweisen bei der routinemäßigen Pasteurisierung der Muttermilch, der Anzahl der Mahlzeiten pro Tag in der Gruppe der Kinder bis 750g, der Liegedauer von Magensonden und eines prophylaktischen Antimykotikums bei Magensondenanlage.

Diskussion: Im Rahmen des Benchmarkings fanden sich mehrere Ansatzpunkte zur Verbesserung vorhandener Handlungsstrategien in den beiden analysierten Kliniken. Jedoch gibt es in manchen Bereichen Überschneidungen von Problemparametern, so dass die Zusammenarbeit mit weiteren Benchmarking-Partnern notwendig wird. Wünschenswert wäre der Ausbau eines Benchmarking-Netzes im gesamten deutschsprachigen Raum.