Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - P5
DOI: 10.1055/s-2005-871456

Die postnatale Umpolung der somatotropen Achse: Messungen von insulin- ähnlichen Wachstumsfaktoren (IGFs) und IGF-Bindungsproteinen während des ersten Lebensjahres

A Hübler 1, E Kauf 1, D Schlenvoigt 1, B Scheidt 1, D Schramm 1
  • 1Kinderklinik Jena, Jena, D

Fragestellung: Die fetale Ausprägung der insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren (IGF) unterscheidet sich von der Regulation der somatotropen Achse im späteren Lebensalter. Ziel der Studie war es, im Längsschnitt Konzentrationen von IGFs und IGF-Bindungsproteinen (IGFBP) von der Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahres zu messen.

Methodik: IGF-1, IGF-2 und IGFBP 1–3 wurden bei 229 neonatalen Patienten (Gestationsalter 32,5+/-3,6 Wochen; Geburtsgewicht 1735,3+/-674,9 Gramm) mittels kommerzieller Radioimmunoassays zwischen Tag 1 und Tag 365 aus insgesamt 603 Proben bestimmt. Die statistische Analyse der IGF-Konzentrationen erfolgte in Bezug auf den Messzeitpunkt und die somatischen Parameter der Kinder. Querschnittsuntersuchungen wurden postnatal (n=88) sowie im korrigierten Alter von 3 (n=104) und 6 Monaten (n=48) durchgeführt.

Ergebnisse: IGF-1, IGF-2 und IGFBP-3 korrelierten positiv (n<0,001) mit dem Lebenstag, IGFBP-1 und IGFBP-2 negativ (n<0,001). Postnatal und nach drei Monaten korrelierte IGFBP-3 signifikant positiv zu allen erhobenen Wachstumsparametern (Körpergewicht, Körperlänge, Kopf- und Brustumfang), IGF-1 und IGF-2 teilweise. In separaten Analysen von kurzen Zeitintervallen waren signifikante Änderungen (p<0,05) zwischen den fetalen IGFBPs (1,2) und IGFBP-3 vom dritten bis vierten Lebensmonat nachweisbar. Varianzanalysen von Teilgruppen entsprechend des Gestationsalters bei Geburt erbrachten keine signifikanten Mittelwertunterschiede.

Schlussfolgerung: Die ersten vier Lebensmonate sind charakterisiert durch eine Umpolung der IGF-Regulation: Die fetalen IGFBP (1,2) fallen in ihren Serumkonzentrationen ab, während IGFBP-3, das wesentliche IGFBP im Serum des späteren Lebensalters, ansteigt. Wir vermuten ein zugrunde liegendes uniformes („endogenes“) Programm bis zur prinzipiellen Funktionsfähigkeit der adulten Regulation der somatotropen Achse. Die Ausprägung der IGFs wird jedoch in den ersten Lebenswochen durch individuelle Krankheitsverläufe und klinische Behandlungsbedingungen modifiziert (zum Beispiel Dexamethasontherapie, Bluttransfusionen, Interferenzen mit dem Vitamin-D-Metabolismus.