Fragestellung: NSE (glykolytisches Enzym in Neuronen und neuroendokrinen Zellen) und Protein S-100B
(Ca2+-bindendes Protein in astroglialen und Schwannschen Zellen) sind bekannte neurobiochemische
Marker, die zur Beurteilung des Schweregrades einer hirnorganischen Schädigung herangezogen
werden können. Die Untersuchung dieser Parameter im Serum von hirntraumatisierten
Kindern sollte die praktische Relevanz in Zuordnung zu weiteren Beurteilungskriterien
(Glasgow-Coma-Scale, kranialer Bildgebung, stationäre Behandlungszeit und Outcome
herausarbeiten.
Patienten und Methodik: 39 Knaben und 16 Mädchen im Alter von 8,0±4,7 Jahren mit leicht- bis schwergradigen
SHT (49,1% Verkehrsunfälle, 38,2% Stürze, 3,6% Kindesmisshandlungen, 3,6% Reitunfälle,
5,5% sonstige Ursachen) wurden in die Studie einbezogen. Die Untersuchung von NSE
(Referenzbereich: <12µg/l) und Protein S-100B (Referenzbereich: <0,1µg/l) aus dem
Serum erfolgten mit dem Liason®Analyser der Fa. Byk Sangtec und Reagentien von DiaSorin.
Beide Marker wurden mit einem immunluminometrischen Assay (Sandwichtest) bestimmt.
Die NSE wurde bei 52 Patienten und bei 30 Fällen zusätzlich das Protein S-100B im
Zeitraum bis zu 12 Stunden nach dem Trauma bestimmt. Zur Objektivierung der Aussage
wurden beide miteinander, mit Glasgow-Coma-Scale-Gruppen (Gruppe 1: 4–8, Gruppe 2:
9–12, Gruppe 3: >12 Pkt.), stationärer Behandlungsdauer sowie Beatmungsstunden korreliert
und auf Signifikanz geprüft (Mann-Whitney-Test). Außerdem erfolgte ein Vergleich der
bildgebenden Verletzungsbeschreibung mit den Prognoseparametern.
Ergebnisse: Ein gleiches signifikantes Verhalten (p<0,05) beider Marker bestand nur bei höheren
Serumkonzentrationen (NSE >20µg/l, Protein S-100B >1µg/l). Zwischen den NSE-Konzentrationen
(28,5±26,1µg/l, range: 3,1–127µg/l) und weiteren ausgewählten Parametern bestand keine
Korrelation, während zwischen dem Protein S-100B (0,71±0,68µg/l, range: 0,14–3,69µg/l),
Beatmungsstunden und Glasgow-Coma-Scale-Gruppen (Gruppe 1: 13, Gruppe 2: 6, Gruppe
3: 8 Pat.) sich eine signifikante positive Korrelation nachweisen ließ (p<0,05). Ein
vergleichbares Verhalten von NSE sowie Protein S-100B mit dem durch die Bildgebung
beschriebenen Verletzungsausmaß bestand nicht. 61,8% der Patienten wurden in die Häuslichkeit
entlassen, 20% in eine rehabilitative Einrichtung, 12,7% zur weiteren Therapie in
eine andere Klinik und 5,5% verstarben.
Schlussfolgerungen: NSE und Protein S-100B korrelieren nur statistisch signifikant bei höheren Serumkonzentrationen.
Eine signifikante Korrelation der NSE zum Schweregrad der Hirnschädigung wurde nicht
festgestellt. Zwischen bildgebender Diagnostik und den Prognoseparametern bestand
kein Zusammenhang. Dagegen korrelierte das Protein S-100B bei unseren Untersuchungen
sehr gut mit den Glasgow-Coma-Scale-Gruppen und den Beatmungsstunden und sollte deshalb
als Prognoseparameter Beachtung finden.