Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - PV3
DOI: 10.1055/s-2005-871443

Hypoxämiehäufigkeit in Rücken- versus Seitenlage bei reifen Neugeborenen in den ersten Lebenstagen. Vorläufige Resultate einer klinischen Interventionsstudie

A v Bodman 1, MS Urschitz 1, V Bakeer 1, L Froehling 1, F Nowotny 1, G Trapp 1, CF Poets 1
  • 1Universitätskinderklinik, Tübingen, D

Fragestellung: Zur Prävention des plötzlichen Säuglingstodes (sudden infant death syndrom, SIDS) wird ein Schlafen in Rückenlage empfohlen. Basierend auf Einzelbeobachtungen wird als Argument gegen die Rückenlage in den ersten Lebenstagen geäussert, dass in dieser Lage Zyanosezustände häufiger aufträten. Wir wollten untersuchen, ob Hypoxämien in Rückenlage tatsächlich häufiger als in Seitenlage vorkommen.

Methodik: Wir führten eine randomisierte kontrollierte klinische Studie mit einem 2-Phasen cross-over-Design an reifen Neugeborenen am 1. –5. Lebenstag durch. Die Probanden wurden entweder für 6 Stunden in Rücken-, dann in Seitenlage oder umgekehrt schlafen gelegt. Die pulsoximetrische Sauerstoffsättigung (SpO2) wurde kontinuierlich aufgezeichnet (Getemed VG 300 mit Masimo-Pulsoximetrie, Mittelungszeit 2–4 Sekunden). Die minimale auswertbare Aufzeichnungszeit musste 3 Stunden pro Lage betragen. Hypoxämien (SpO2 <85% und <80%) wurden basierend auf Informationen über die Signalqualität manuell bestimmt und ihre Anzahl auf die Messzeit bezogen.

Ergebnisse: Von 477 Neugeborenen lagen ausreichend lange Aufzeichnungen vor. Die auswertbare Zeit pro Kind betrug in Rückenlage durchschnittlich 4,93h, in Seitenlage 4,89h. Bei 38% bzw. 75% der Kinder traten keine Hypoxämien <85% bzw. <80% auf. Die maximale Anzahl der Entsättigungen <85% bzw. <80% pro Stunde Aufzeichnung war 8,9 bzw. 2,1. Für die Gesamtgruppe ergab sich eine mittlere Rate von 0,41 Hypoxämien <85% pro Stunde in Rückenlage und 0,34 in Seitenlage; das Ratenverhältnis betrug somit 1,21 (95%-Konfidenzintervall (95%KI): 1,10–1,33). Die Rate der Hypoxämien <80% betrug in Rückenlage im Mittel 0,11/h, in Seitenlage 0,05/h (Ratenverhältnis 2,07; 95%KI: 1,67–2,58).

Schlussfolgerung: Diese Studie zeigte bei Neugeborenen in den ersten Lebenstagen eine um 21% höhere Rate an Hypoxämien <85% SpO2 und eine Verdopplung der Hypoxämierate <80% SpO2 in Rücken- versus Seitenlage. Bei der überwiegenden Mehrheit der Neugeborenen (75%) trat jedoch unabhängig von der Lage keine Entsättigung <80% SpO2 auf. Die erhöhte Hypoxämierate in Rückenlage kam somit durch eine Subgruppe zustande. Ob sie einen Einfluss auf die Entwicklung dieser Neugeborenen hat, sollte in weiteren Studien geklärt werden.