Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V96
DOI: 10.1055/s-2005-871427

Tacrolimustherapie in der Schwangerschaft – postpartale Probleme beim Neugeborenen: Ein Fallbericht

H Buxmann 1, R Schlösser 1, D Fischer 1, A Reitter 2, R Kitz 3, K Bauer 1
  • 1Uni-Kinderklinik
  • 2ZFG Uniklinik
  • 3Clementine Kinderkrankenhaus, Frankfurt am Main, D

Einleitung: Schwangerschaften unter immunsuppressiver Therapie mit Tacrolimus nach Organtransplantation nehmen zu. Schwangere haben erhöhte Risiken für Infektionen, Transplantatabstoßung, Präeklampsie und arterielle Hypertonie. Bei Feten werden Frühgeburtlichkeit, niedriges Geburtsgewicht und Nierenfunktionsstörungen am häufigsten beschrieben. Die Symptome unseres Patienten sind mögliche unerwünschte Wirkungen von Tacrolimus, die bisher beim Neugeborenen nach Tacrolimustherapie der Mutter nicht publiziert sind.

Fallbericht: Erstes Kind einer 29 jährigen, die 5 Jahre zuvor nierentransplantiert wurde. Medikation bei Geburt: Tracrolimus 7mg/d p.o., Prednison 5mg/d. p.o, und Metoprolol 25mg/d. p.o. Geburt eines reifen, eutrophen Feten in SSW 40 aus grünem Fruchtwasser per sekundärem Kaiserschnitt bei Eklampsie der Mutter. APGAR 8/9/10, normale Nierenfunktion

Tacrolimusspiegel des Kindes Tag 1: 5ng/ml, Tag 12: 0,8ng/ml (Ther. Spiegel 5–15ng/ml). In den ersten 3 Wochen bot es folgende Symptome:

-Neugeboreneninfektion Tag 2 mit radiologisch gesicherter Pneumonie rechts. Antimikrobielle Therapie über insgesamt 14 Tage, keine weiteren Infektionen.

-Arterielle Hypertonie (max. 119/78mmHg) von Tag 3 bis 18, Ventrikelseptumhypertrophie und offenes Foramen ovale. Normalisierung der Befunde im Verlauf ohne Therapie.

-Rezidivierende tonisch – klonisch generalisierte cerebrale Krampfanfälle max. 3 Min. an Tag 10, 11, 12 und 19. Keine Entzündungszeichen im Liquor, Liquorkultur negativ, Liquor -PCR auf Herpes- und Enteroviren negativ. Organische Säuren im Urin, Aminosäuren im Serum, erweitertes Neugeborenenscreening, Augenärztliche Untersuchung, US-Untersuchungen des ZNS: ohne pathologischen Befund. Auffälliges EEG Tag 10: abnorm regelmäßige Thetagruppe frontal li. Normales EEG Tag 17.

-Hypokalzämie von Tag 4 bis 11. Zögerliches Ansprechen auf Kalziumsubstitution und Vitamin D 500I.E./d. per os. Parathormon (13pg/ml), 25 OH-Vitamin D (18ng/ml), Calcitonin (3,5 pg/ml): normal. 1,25 OH-Vitamin D (125 pg/ml) erhöht. Normalbefunde der Mutter für Kalzium, Phosphat, Magnesium und Parathormon in der Schwangerschaft.

-Hypomagnesieämie Tag 11, Normalisierung unter oraler Substitution.

Ab Woche 4 altersgerechte Entwicklung des Kindes.

Diskussion: Unser Patient hatte post partum einen immunsuppressiv wirksamen Tacrolimusspiegel, der in den ersten beiden Wochen sank (t1/2=3,75–56,7 Std. bei Erw.). Das Kind bot Symptome, die sämtlich als unerwünschte Wirkungen von Tacrolimus bekannt, aber in dieser Kombination bisher nicht bei Neugeborenen nach Tacrolimuseinnahme der Mutter in der Schwangerschaft publiziert sind. Prospektive Studien mit Nachbeobachtung der Kinder sind notwendig, um eine aussagekräftige Risikoabschätzung für Schwangerschaften unter Tacrolimustherapie vornehmen zu können.