Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V88
DOI: 10.1055/s-2005-871420

Einfluss vorausgegangener Totgeburten auf die Frühgeborenenrate und auf den somatischen Entwicklungsstand Neugeborener

D Olbertz 1, M Voigt 2, P Markert 3, C Fusch 2, S Schmidt 4, V Briese 5
  • 1Abt. Neonatologie am Klinikum Südstadt, Rostock
  • 2Zentrum für Kinder- u. Jugendmedizin, Greifswald
  • 3Deutsches Wachstumszentrum, Berlin
  • 4Abt. Geburtshilfe u. Perinatalmed. Philipps-Univ., Marburg/Lahn
  • 5Frauenklinik der Universität Rostock, Rostock, D

Fragestellung: In der vorliegenden Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, ob vorausgegangene Totgeburten bei Müttern einen Einfluss auf die Untergewichtigen- und Frühgeborenenrate sowie auf den somatischen Entwicklungsstand Neugeborener der nachfolgenden Schwangerschaft ausüben. Kann dieser Einfluss quantifiziert werden?

Methodik: Die Daten entstammen der deutschen Perinatalerhebung der Jahre 1995–1997.

Mütter mit vorausgegangenen Lebendgeburten, Aborten und Schwangerschaftsabbrüchen wurden von der Auswertung ausgeschlossen, d.h., es kamen nur Fälle in die Auswertung mit anamnestischer Belastung durch Totgeburten (n=2.649). Als Vergleichsgruppe dienen alle Neugeborenen von Müttern ohne vorausgegangene Lebendgeburten,Totgeburten, Aborte und Abbrüche (n=674.814). Da die Anzahl vorausgegangener Totgeburten mit dem Alter der Frauen zunimmt, wurde eine altersspezifische Auswertung vorgenommen. Durch die hohe Fallzahl war es möglich, ganz bestimmte Altersjahrgänge zu betrachten.

Ergebnisse: Bei 20jährigen Müttern mit vorausgegangenen Totgeburten erhöht sich die Frühgeborenenrate um das 2,6fache gegenüber Neugeborenen unbelasteter Mütter (7,8% auf 21,6%; p<0,001). Bei 30jährigen Müttern erhöht sich die Frühgeborenenrate um das 2,3fache (p<0,001) und bei 40jährigen Müttern um das 2,4fache (p=0,02) bei Vorliegen von Totgeburten. Die Zunahme des Anteils hypotropher, eutropher und hypertropher Frühgeborener durch vorausgegangene Totgeburten geht vor allem zu Lasten des Anteils eutropher Termingeborener (-10,3%). Der Anteil hypotropher Termingeborener geht durch vorausgegangene Totgeburten leicht zurück (-1,4%). Analoge Veränderungen sind auch bei der Längen-, der Kopfumfangs- und der längenbezogenen Geburtsgewichtsklassifikation festzustellen.

Schlussfolgerungen: Anamnestisch mit Totgeburten belastete Schwangere sind als Hochrisikoschwangere zu betrachten und müssen als solche engmaschig überwacht werden. Auf die Höhe der Hypotrophierate haben aber vorausgegangene Totgeburten nach unseren Untersuchungen keinen Einfluss. Die erhöhte Rate makrosomer Neugeborener in der Gruppe mit vorausgegangener Totgeburt legt eine sorgfältige Abklärung eines Gestationsdiabetes nahe.