Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V80
DOI: 10.1055/s-2005-871412

Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei ehemals sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht <1500g im Alter von 2–6 Jahren

M Großer 1, B Roth 1, A Kribs 1
  • 1Universitätskinderklinik, Köln, D

Fragestellung: Mit der Zunahme der Überlebensrate sehr kleiner FG tritt die Frage nach der Qualität des Überlebens ins Zentrum des Interesses. Ziel dieser Studie ist es, eine Aussage darüber treffen zu können und perinatale Einflussfaktoren zu identifizieren. Damit überprüfen wir die Ergebnisse einer niederländischen Studie(1) für ein Kölner Kollektiv.

Methodik: Retrospektive Befragung der Eltern aller zwischen 1/98 u. 12/02 in unserem Zentrum behandelten FG (n=621) mit einem GG <1500g und von 85 im gleichen Zentrum reifgeborenen Kontrollkindern (RG) mittels des in Leiden, Niederlande, entwickelten TAPQOL Fragebogen(2). Dieser erfasst 12 Items zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Kindern im Alter von 10 Monaten bis 5 Jahren und bezieht sich auf den physischen Zustand (Motorik, Appetit, Schlaf, Lunge, GI-Trakt und Haut), das Sozialleben (Problemverhalten, soziale Fähigkeiten), die kognitive (Kommunikation) und emotionale Funktion (positive Gemütslage, Angstverhalten, Lebhaftigkeit). Zusätzlich wurden Therapien des Kindes (Physio-, Ergo-, Logotherapie u.a.), die ggfs. besuchte Kindergartenform, Art und Intensität der Freizeitgestaltung und Anzahl evtl. Geschwisterkinder erfragt.

Ergebnisse: Wir erhielten Rücksendungen über 285 FG (46%) und 32 RG (38%). Von den 285 FG waren 155 (54,4%) FG mit einem Geburtsgewicht von 1500g bis 1000g (VLBW), 130 (45,6%) FG mit einem Geburtsgewicht <1000g (ELBW) und von diesen 65 (22,8%) FG mit einem Geburtsgewicht <750g. 117 FG (41%) wurden vor der 28. SSW geboren (sehr unreife FG) und 168 FG (59%) waren reifer. Im Vergleich der durch den TAPQOL errechneten Lebensqualität wiesen die FG mit p=0,023 im Bereich Schlaf und mit p=0,005 bez. ihres Essverhaltens eine schlechtere Lebensqualität als die RG auf. Es zeigte sich auch, dass innerhalb des Untersuchungskollektivs die FG mit weniger Therapien und/ oder einer größeren Anzahl von Freizeitaktivitäten eine höhere Lebensqualität hatten als Kinder mit mehreren Therapien und/ oder wenigen Freizeitaktivitäten. Die ELBW-Kinder haben eine signifikant niedrigere Lebensqualität bzgl. ihres Essverhaltens (p=0,003) und der motorischen Funktion (p<0,0001) als VLBW-Kinder. In der linearen Regressionsberechnung erwies sich der Apgar-Wert nach 10 Minuten in allen 12 der im TAPQOL berücksichtigten Lebensbereiche mit einer Ausnahme (Haut) als signifikanter Einflussfaktor.

Schlussfolgerung: Wie in der niederländischen Studie* ist auch in unserem Kollektiv die gesundheitsbezogene Lebensqualität der FG im Durchschnitt etwas niedriger als die der RG, statistisch signifikant jedoch lediglich in zwei Bereichen. Eine ausgesprochene Vitalität bei Geburt, ausgedrückt durch den 10 Minuten- APGAR-Wert, weist auf eine höhere spätere Lebensqualität hin.

1 Theunissen, Dev. Med. & Cild Neurol. 2001, 43;460–465

2 Fekkes, Quality of Life Research, 2000; 9: 961–972.