Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V74
DOI: 10.1055/s-2005-871406

Lungensonographie bei Früh- und Neugeborenen zur Diagnostik des Atemnotsyndroms

M Knüpfer 1, C Gebauer 1, F Pulzer 1, E Robel-Tillig 1, C Vogtmann 1
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder, Leipzig, D

Einleitung/Frage: Zur objektiven Beurteilung des Atemnotsyndroms (ANS) bei Früh- und Neugeborenen muss meist ein Röntgenbild angefertigt werden. Der Belüftungszustand der Lungenunterfelder lässt sich auch sehr gut sonographisch abschätzen. Diese Technik wird vorgestellt, danach werden Daten zur Qualitätsbeurteilung der Methode gezeigt.

Technik: Der Ultraschalltransducer wird im Oberbauch rechts über der Leber oder links über der Milz aufgesetzt, so dass im Bild die Leber (Milz), das Zwerchfell und die darüber gelegene Lunge sichtbar werden. Bei guter Luftfüllung der Lunge entsteht oberhalb des Zwerchfells ein Spiegelartefakt der Leber (Milz). Je geringer die Belüftung, desto weniger Spiegelartefakt wird sichtbar. Zur Objektivierung benutzen wir eine sonographische Graduierung analog zur klassischen röntgenologischen Gradeinteilung.

Methode: Analysiert wurde von März bis August 2004 alle neonatologischen Patienten. Zur Diagnostik wurden Röntgen-Thoraxbilder angefertigt und nach der üblichen Klassifikation (Grad 0–4) beurteilt. Gleichzeitig stellten wir die sonographischen Diagnosen und verglichen die Ergebnisse. Dabei wurden auch Übergänge (ANS 1–2°) zugelassen und in der Auswertung mit den entsprechenden Werten belegt (1,5).

Ergebnisse: Insgesamt wurden 155 Patienten aufgenommen. Das Gestationsalter (Mittelwert + SD; Min, Max) betrug 31,6 + 4,9; 24–41) SSW, das Geburtsgewicht 1844 + 966; 690–4300). 112 Patienten entwickelten ein therapiebedürftiges ANS (28 beatmet, 84 CPAP). In den ersten zwei Lebenstagen konnte zeitgleich die ANS-Diagnostik mit Lungensonographie und Röntgen-Thorax bei 43 Patienten durchgeführt werden. Im Mittelwert fanden sich keine Unterschiede zwischen den sonographisch (ANS 1,70 + 1,1; 0–4) und röntgenologisch (ANS 1,76 + 1,0; 0–4) ermittelten ANS-Stadien. Im Vergleich der Einzelfälle fanden wir bei 67% (29/43) komplette Übereinstimmung hinsichtlich der ANS-Gradeinteilung. In 11 (26%) Fällen fanden sich geringfügige Abweichungen von 0,5° und nur in drei Fällen betrug die Abweichung 1°, jedoch nie darüber. In zwei Fällen wäre eine Oberlappenatelektase und in einem Fall ein Mantelpneumothorax links übersehen worden, in diesen Fällen war jedoch außer Lagerung keine spezielle Therapie nötig.

Zusammenfassung: Die Lungensonographie gibt zusammen mit der klinischen Beurteilung ausreichende Informationen über das vorliegende ANS und kann zur Erstdiagnostik bei Neu- und Frühgeborenen verwendet werden. Die Vorteile liegen insbesondere in der schnellen, unkomplizierten Diagnostik und in der Vermeidung von Strahlenbelastung. Der Röntgendiagnostik können komplizierte und unklare Fälle, sowie Fälle bei denen Zweifel über die homogene Belüftung der Lunge bestehen, vorbehalten bleiben.