Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V45
DOI: 10.1055/s-2005-871378

Die Bedeutung der systolischen Zeitintervalle in der Differenzialdiagnose hämodynamischer Erkrankungen des Frühgeborenen

E Robel-Tillig 1, M Knüpfer 1, R Wagner 1, F Pulzer 1, C Gebauer 1, A Bläser 1, C Vogtmann 1
  • 1Universtiätskinderklinik Leipzig, Leipzig, D

Fragestellung: Die differenzialdiagnostische Abklärung klinisch relevanter hämodynamischer Störungen des unreifen Neugeborenen ist häufig schwierig und bedarf möglichst spezifischer Untersuchungsmethoden. Der diagnostische Wert linksventrikulärer systolischer Zeitintervalle (STI) wird im Rahmen einer prospektiven Studie überprüft.

Methode: 130 Frühgeborene (FG) mit einem GA <30 SSW wurden innerhalb der ersten 7 Lebenstage funktionell echokardiographisch durch Messung der systolischen Zeitintervalle (STI) untersucht. Ermittelt wurden die linksventrikuläre Präejektionszeit (PEP), linksventrikuläre Ejektionszeit (LVET) und die Ratio PEP/LVET. Durch Monitoring wurde die Herzfrequenz (Hf), der mittlere Blutdruck (RR) und die zentral- periphere Temperaturdifferenz registriert. 33 FG waren klinisch unauffällig, deren echokardiographische Parameter dienten als Normalwerte. 97 FG wiesen eine Tachykardie >160/min, eine gegenüber der Norm erniedrigten mittleren RR, zentral- periphere Temperaturdifferenzen >2 C° und eine vom Pflegepersonal subjektiv eingeschätzte Verschlechterung des Allgemeinzustandes auf. Bei diesen FG wurden die STI differentialdiagnostisch bewertet.

Ergebnisse: 27 FG wiesen eine im Vergleich zu den Normwerten signifikant erniedrigte PEP (0,34 vs. 0,52 ms), verlängerte LVET (180 vs. 164 ms) und erniedrigte Ratio PEP/LVET (0,19 vs. 0,34) auf. Echokardiographisch war ein persistierender Ductus arteriosus (PDA) darstellbar, nach Verschluss des PDA normalisierten sich die STI. Bei 34 FG wurde bei einer normalen PEP (0,42 ms) eine signifikant verkürzte LVET (139 vs. 164 ms) gemessen. Nach probatorischer Volumengabe sank die Hf ab, die klinische Symptomatik verbesserte sich und die LVET war gegenüber den Vorbefunden verlängert. Als Diagnose konnte eine Hypovolämie durch die STI bestätigt werden. 36 FG waren durch signifikant verlängerte PEP (80 vs. 56ms) bei normaler LVET (157ms) und eine erhöhte Ratio aus PEP/LVET (0,51 vs. 0,34) gekennzeichnet. Die Befunde der STI wurden als Ausdruck einer myokardialen Dysfunktion gewertet und die Kinder mit Dobutamin behandelt. Bei Kontrolle der STI unter Therapie ließ sich eine Verkürzung der PEP und Normalisierung der Ratio als Bestätigung der Diagnose darstellen.

Schlussfolgerung: Mithilfe der STI lassen sich mit technisch geringen Aufwand und niedriger Belastung für die Kinder wichtige differenzialdiagnostische Aussagen bei hämodynamisch bedeutsamen Erkrankungen treffen.