Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V31
DOI: 10.1055/s-2005-871364

Pulmonale Komplikationen in Abhängigkeit von zentrumsspezifischen Beatmungsfrequenzen

W Göpel 1, C Härtel 1, A Kribs 2, E Kuhls 3, H Küster 4, J Möller 5, D Müller 6, H Segerer 7, J Siegel 8, C Wieg 9, E Herting 1
  • 1Universitätskinderklinik Lübeck, Lübeck
  • 2Universitätskinderklinik Köln, Köln
  • 3Olgahospital, Stuttgart
  • 4Universitätskinderklinik Greifswald, Greifswald
  • 5Kinderklinik Saarbrücken, Saarbrücken
  • 6Kinderklinik Kassel, Kassel
  • 7Kinderklink St. Hedwig, Regensburg
  • 8Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover
  • 9Kinderklinik Aschaffenburg, Aschaffenburg, D

Fragestellung: Hat die zentrumsspezifische Beatmungsrate von VLBW-Frühgeborenen einen Einfluss auf die Rate pulmonaler Erkrankungen wie BPD und Pneumothorax? Bestehen Unterschiede in den Therapieschemata zwischen Zentren mit hoher und niedriger Beatmungsrate?

Methodik: Im Rahmen einer multizentrischen Studie zu den Auswirkungen genetischer Polymorphismen auf den klinischen Verlauf von VLBW-Frühgeborenen wurde für jedes teilnehmende Frühgeborene ein Datensatz von etwa 200 einzelnen Items, der u.a. alle medikamentösen Therapien und alle angewandten Beatmungs- und CPAP-Verfahren umfasste, erhoben. Für nicht in die Studie eingeschlossene Frühgeborene, welche die Einschlusskriterien (Geburtsgewicht kleiner 1500 Gramm, keine letalen Fehlbildungen, Gestationsalter 24+0–36+6 Schwangerschaftswochen) erfüllten, wurden wichtige klinische Daten in Form von zentrumsspezifischen Zähllisten erhoben. Wir verglichen Zentren mit einer Beatmungsrate von unter 40% mit Zentren mit einer Beatmungsrate von über 40%.

Ergebnisse: Von September 2003 bis November 2004 erfüllten 536 VLBW-Frühgeborene die Einschlusskriterien unserer Studie und konnten bis zur Entlassung beobachtet werden. 421 Kinder (78,5%) wurden eingeschlossen. Es bestanden keine Differenzen in Bezug auf die klinischen Ausgangsdaten von Kindern aus Zentren mit einer Beatmungsrate unter 40% (n=213, davon 169 eingeschlossen) bzw. über 40% (n=323, davon 252 eingeschlossen): Gestationsalter 28,7 vs. 29,1 SSW, Geburtsgewicht 1064 vs. 1102g, antenatale Lungenreife 88% vs. 86%. Zentren mit niedriger Beatmungsrate beatmeten 34% der eingeschlossenen Kinder (vs. 54% in Zentren mit einer Beatmungsrate >40%), verwendeten signifikant häufiger CPAP (93,5% vs. 68,7%, p<0,001) und gaben häufiger Surfactant ohne Intubation (25% vs. 2%, p<0,001). Die Outcomedaten fasst die Tabelle zusammen.

Schlussfolgerung: Frühgeborene aus Zentren mit niedriger Beatmungsrate wiesen in unserer Studie ein günstigeres pulmonales Outcome auf als Frühgeborene aus Zentren mit hoher Beatmungsrate. Ob durch die Anwendung potentiell beatmungsvermeidender Therapiestrategien wie CPAP und Surfactantgabe ohne Intubation eine Reduktion pulmonaler Komplikationen und beatmungsspezifischer Folgeerkrankungen erreicht werden kann, lässt sich nur durch eine prospektive Studie klären

* Chi-square-Test

Beatmungsrate<40%

Beatmungsrate>40%

p*

Pneumothorax [%]

2,5

7,8

0,029

BPD (O2-Bedarf mit 36+0 SSW) [%]

5,8

13,7

0,004

BPD oder Tod [%]

10,5

23,9

<0,001