Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V27
DOI: 10.1055/s-2005-871360

Interleukin-6 Transsignaling hat eine Bedeutung für die Entwicklung der Chronischen Lungenerkrankung (CLD) des Frühgeborenen

P von Bismarck 1, MF Krause 1, KJ Kallen 2, S Rose-John 2, A Claass 3
  • 1Universitäts Kinderklinik
  • 2Institut für Biochemie, Christian Albrechts Univ
  • 3Städtisches Krankenhaus, Kinderklinik, Kiel, D

Fragestellung: Die chronische Lungenerkrankung (CLD) des Frühgeborenen ist weiterhin eine der Hauptkomplikationen des frühgeborenen Kindes. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass der CLD des Frühgeborenen ein chronisch entzündlicher Prozess zugrunde liegt. Interleukin-6 (IL-6) wurde wiederholt in erhöhten Konzentrationen im Trachealsekret frühgeborener Kinder gemessen. IL-6 stimuliert einerseits Zellen durch Bindung an den membranständigen Interleukin-6-Rezeptor (IL-6R). Darüber hinaus ist IL-6 in Komplex mit seinem löslichen Interleukin-6-Rezeptor (sIL-6R) in der Lage auch Zellen zu stimulieren, die nur die signaltransduzierende Rezeptoruntereinheit gp130 nicht aber den membranständigen IL-6R exprimieren. Solche Zellen können nur in der Anwesenheit des sIL-6R auf IL-6 reagieren. Dieser mit Transsignaling bezeichnete Prozess ist wichtig für Entzündungsgeschehen. Lösliches gp130 (sgp130) ist ein endogener Antagonist dieser Signaltransduktion. Es stellte sich die Frage, welche Bedeutung IL-6-Transsignaling für die Pathogenes der CLD hat.

Methodik: Messung von IL-6, sIL-6R und sgp130 mittels ELISA im Trachealsekret von 18 beatmeten frühgeborenen Kindern (Gestationswoche <34. SSW) am ersten Lebenstag. Vergleich der molaren Verhältnisse der löslichen IL-6 Rezeptoren zu IL-6 im Trachealsekret von Kindern mit CLD (Sauerstoffbedarf über den 28. Lebenstag hinaus) und Kindern mit milder Lungenerkrankung und Sauerstoffbedarf bis zum 10. Lebenstag (Atemnotsyndrom, RDS).

Ergebnisse: Es konnten insgesamt 16 Kinder ausgewertet werden, 2 Kinder wurden nachträglich ausgeschlossen, da sie jeweils einen Sauerstoffbedarf bis zum 22. Lebenstag hatten und damit keiner Gruppe zuzuordnen waren. Acht Kinder entwickelten ein RDS. 6 Kinder erkrankten an einer CLD. Kein Unterschied zwischen den Gruppen für das molare Verhältnis sIL-6R/IL-6 (RDS: 11,6±5,9; CLD: 1,9±1,4; p=0,125). Kinder, welche eine CLD entwickelten, hatten dagegen im Vergleich zu Kindern mit einem RDS ein signifikant niedrigeres molares Verhältnis von sgp130 zu IL-6 (31,6±7,0 vs. 148,5±26,1; p=0,005).

Schlussfolgerung: Aufgrund der Betrachtung molarer Verhältniswerte belegen unsere Daten unabhängig vom Verdünnungsgrad entnommener Trachealsekrete, dass IL-6 bei der Entwicklung der CLD des Frühgeborenen eine Rolle spielt. IL-6 Transsignaling, also die Signaltransduktion von IL-6 über seinen löslichen Rezeptor sIL-6R hat eine Bedeutung für die Pathogenes der CLD. Das molare Verhältnis von sgp130 zu IL-6 im Trachealsekret frühgeborener Kinder könnte einen positiven Vorhersagewert für die Entwicklung einer CLD des Frühgeborenen haben.