Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V16
DOI: 10.1055/s-2005-871348

Differenzielle Synthese von Plasma-Phospholipiden via Cholineinbau und N-Methylierung beim Menschen in vivo

C Pynn 1, NG Henderson 1, G Koster 1, AD Postle 1, A Jaworski 2, W Bernhard 3
  • 1Universitätskinderklinik, Southampton, GB
  • 2NMI-Reutlingen, Reutlingen, D
  • 3Universitätskinderklinik, Tübingen, D

Fragestellung: Die Versorgung mit hochungesättigten Fettsäuren ist für die Entwicklung peripherer Organe, insbesondere des Zentralen Nervensystems (ZNS), essentiell und geschieht vorwiegend durch die Leber. Von der Leber sezerniertes Phosphatidylcholin (PC) spielt dabei eine bedeutende Rolle. Die Synthese der hochungesättigten vs. einfach ungesättigten PC-Spezies geschieht via direkten Cholineinbau (CDP-Cholin-Pathway) oder Methylierung von PC-Vorstufen (Phosphatidylethanolamin=PE) durch hepatische Methylgruppendonatoren (Methylgruppentransfer aus S-Adenosylmethionin). Die Bedeutung des Einbaus von Nahrungscholin via PC-Neusynthese versus Übertragung aktivierter Methylgruppen auf PE für die Versorgung peripherer Organe mit Arachidonsäure (20:4) und Docosahexaensäure (22:6) ist beim Menschen unklar, aber für die postnatale ZNS-Entwicklung und im Rahmen der Verfügbarkeit der jeweiligen hepatischen Synthesesubstarte von neonatologischer Relevanz. Sie sollte erstmals in vivo mittels stabiler Isotopenmarkierung untersucht werden. Methodik: Gesunden Probanden wurde über 3h 3.6mg/kg Körpergewicht [Methyl-D9]cholin infundiert und Blutplasma über 1–168h gesammelt. Plasma-Cholin und Plasma-PC wurden mit Elektrosprayionisations-Tandemmassenspektrometrie (ESI-MS) untersucht. Precursor scans induzierter Fragmente von PC dienten der Differenzierung von unmarkiertem PC (m/z=184), der PC-Synthese via CDP-Cholin-Pathway) mittels D9-Cholineinbau (m/z=193) und der N-Methylierung von PE mit deuteriummarkierten Methylgruppen aus den Salvage-Mechanismen hepatischer Methylgruppen ([D3-Methyl]-S-Adenosylmethionin; m/z=187 und 190). Ergebnisse: Freies D9-Cholin wurde schnell aus dem Plasma absorbiert (während der Infusion: 8.2±0.9; 6h:1,4±0.3; 24h:0±0µmol/l). D9-Cholin beeinflusste den Plasmaspiegel an endogenem Cholin (8.4±0.3µmol/l) nicht. Der direkte Einbau von D9-Cholin in Plasma-PC war nach 3h detektierbar, erreichte sein Maximum (0.78% des endogenen PC) nach 24h and blieb über 168h erhöht. Über diesen Stoffwechselweg wurden überwiegend ölsäure- und linolsäurehaltige PC Spezies synthetisiert. Die Synthese von PC-Spezies über den Einbau deuterierter Methylgruppen aus “Salvagemechanismen“ der Methylgruppen ([D9-Methyl]S-Adenosylmethionin) führte hingegen zur überwiegenden Bildung von PC-Spezies mit langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Arachidonsäure und Dokosahexaensäure).

Schlussfolgerung: Mittels stabiler Isotopenmarkierung können am Menschen die Stoffwechselwege der hepatischen Phosphatidylcholinsynthese (de novo: CDP-Cholin-Pathway; Methylgruppentransfer: S-Adenosylmethionin-Pathway) differenziert werden. Plasma-Phospholipide mit hochungesättigten Fettsäuren, die für die ZNS-Entwicklung essentiell sind, entstehen vorwiegend via Methylgruppentransfer. Ihre Synthese bedingt eine ausreichende Konzentration von Methylgruppendonatoren (S-Adenosylmethionin) in der Leber. Die Bedeutung für die Ernährung Frühgeborener bedarf weiterer Untersuchungen.