Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V10
DOI: 10.1055/s-2005-871342

Erythropoetin reduziert den exzitotoxischen Hirnschaden

E Griesmaier 1, G Simbruner 1, J Yang 1, A Gorna 1, M Urbanek 1, P Gressens 2, M Keller 1
  • 1Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, A
  • 2INSERM, Hopital Robert Debre, Paris, F

Hintergrund: Läsionen des Gehirns sind klinisch bedeutsame Komplikationen in der Perinatalperiode insbesondere bei Frühgeborenen mit sehr niedrigem Geburtsgewicht. Eine effektive Therapie steht derzeit noch nicht zur Verfügung. Exogen verabreichtes Erythropoetin (EPO) reduziert hypoxisch-ischämisch bedingte Hirnschäden (Bernaudin M, 1999). Unklar ist, ob EPO bei exzitotoxischen Hirnschäden neuroprotektiv wirkt, sowie der Einfluss des Geschlechts auf diese Wirkung.

Hypothese: I) EPO überwindet die Blut-Hirnschranke in gesunden Tieren, II) es kommt durch die Exzitotoxizität zu einer erhöhten EPO-Rezeptor (EPO-R) Expression III) systemisch appliziertes EPO kann die Größe der exzitotoxischen Läsion reduzieren, dieser Effekt ist geschlechtsabhängig und IV) relevante Nebenwirkungen im hämatopoetischen System (HS) treten keine auf.

Methodik: Die Versuche wurden an 5 Tage alten Mäusen durchgeführt.

Ad I) EPO sowie das Vehikel wurden intraperitoneal (ip) injiziert. Nach vier Stunden wurden Liquor stereotaktisch und Blut entnommen. Mittels ELISA wurde die EPO-Konzentration im Serum und Liquor gemessen.

Ad II) Es wurde ein etabliertes Mausmodell, der periventrikulären Leukomalazie verwendet. Den Mäusen wurde Ibotensäure intrakranial (ik) injiziert. 4 Stunden später wurde Hirnparenchym um die Läsion, sowie das der kontralateralen Hemisphäre entnommen und eine rtPCR von EPO und EPO-R, mit S16 als Kontrollgen durchgeführt.

Ad III) Eine Stunde bzw. bei repetitiver Gabe jeweils 1, 24, 48, 72, 96 Stunden nach Ibotensäureinjektion wurde rekombinantes EPO in einer Konzentration von 5000IU/kg/Tag sowie das Vehikel ip injiziert. Nach 24 und 120 Stunden wurden die Tiere getötet, Blutproben und Gehirne entnommen. Es wurde das Blutbild, sowie die Läsionsgroße (histologisch) bestimmt. Die Geschlechtsbestimmung erfolgte durch Nachweis des SRY Gens an aus Paraffinschnitten isolierter DNA.

Ergebnisse: Die Analyse zeigt sowohl bei Einzel- als auch Mehrfachgabe von EPO eine signifikante Reduktion der Läsionsgröße in der weißen (236±17µM Einzel-, 126±43µM Mehrfachgabe versus 353±47µM) und grauen Substanz (391±31µM Einzel-, 316±30µM Mehrfachgabe, versus 526±38µM n=13; p<0.05). Der Effekt in der grauen Substanz war bei Weibchen verstärkt. Die Injektion von EPO resultiert in einer signifikanten Erhöhung der Konzentration im Serum und im Liquor (Liquor: 258±54mU/ml versus 27±7 mU/ml in der Kontrolle n=8 p<0.05). Die rtPCR zeigt eine Erhöhung der Expression des EPO-R im geschädigten Areal (n=8). Es traten weder Polyglobulien noch Leukozytopenien auf.

Schlussfolgerung: EPO ist auch bei der exzitotoxisch bedingten Hirnschädigung neuroprotektiv, wobei dieser Effekt zum Teil bei weiblichen Mäusen verstärkt ist. EPO überquert die Blut-Hirn-Schranke und es kommt zu einer verstärkten Expression des EPO-R im Gehirn durch die Exzitotoxizität selbst. Die Einzel – und fünfmalige Gabe von EPO hat keine relevanten Nebenwirkungen auf das HS.