Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V6
DOI: 10.1055/s-2005-871338

Gewebespezifische Aktivierung der Erythropoietin-Expression durch den Wilms Tumor-Suppressor Wt1

C Dame 1, K Kirschner 2, K Bartz 1, T Wallach 1, H Scholz 2
  • 1Klinik für Neonatologie, CVK, Charité
  • 2Johannes-Müller-Institut für Physiologie, Charité, Berlin, D

Fragestellung: Erythropoietin (Epo), das in der fetalen Leber und der ausgereiften Niere gebildet wird, ist der primäre Regulator der Erythropoiese. Epo wird aber auch in anderen Organen wie dem Nervensystem, dem Herzen und den Reproduktionsorganen exprimiert, für deren normale Entwicklung oder Funktion es relevant ist. Unabhängig von einer Hypoxie wird die Epo-Expression in diesen Organen entwicklungsabhängig und gewebespezifisch reguliert. Die molekularen Mechanismen dieser Regulationsprozesse sind weitgehend unbekannt. Wir konnten kürzlich erstmals zeigen, dass dabei der 5'-Promotor des Epo eine besondere Rolle spielt. Im minimalen Epo-Promotor finden sich potenzielle Bindungsstellen für das Zinkfingerprotein Wt1, welches durch das Wilms Tumor-Suppressorgen Wt1 kodiert wird und in seiner Wt1(-KTS) Variante als Transkriptionsfaktor agiert. Wt1 ist für die normale Entwicklung verschiedener Organsysteme, zu denen Niere, Herz und Nervensystem zählen, essentiell. Ziel der Studie ist es, die Bedeutung von Wt1 für die gewebespezifische Epo-Expression zu klären.

Methodik: Zell- und molekularbiologische Methoden.

Ergebnisse: Mittels electromobility shift assay (EMSA) und in vitro DNA footprinting wurde die Bindung der Wt1(-KTS) Variante an den minimalen Epo-Promotor nachgewiesen. Unter Normoxie wurde nach stabiler Transfektion von Wt1 in humane embryonale Nierenzellen (HEK293) die Expression der Epo mRNA (PCR) und Epo-Protein (Western Blot) signifikant gesteigert. In Reportergenassays fand sich eine etwa 20-fache Stimulation der Epo-Promotoraktivität durch Wt1. Mittels real time PCR wurde im fetalen Lebergewebe von Mausmutanten mit homozygoter Wt1 Deletion (Wt1 -/-; e12.0) eine signifikante Reduktion der Epo mRNA Expression nachgewiesen. Immunhistochemische Doppelfärbungen zeigten eine Ko-Expression von Wt1 und Epo in Neuronen der sich entwickelnden dorsalen Spinalganglia (e12-e18) und in Sertoli-Zellen des adulten Hodens, wo beide Faktoren anti-apoptotisch wirken. Unter Hypoxie konnte die Aktivierung der Epo-Expression nicht durch Wt1 potenziert werden. Erste Daten zeigen, dass dies auf einer Kompetition mit dem Transkriptionsfaktor Sp1 beruht. Sp1 vermittelt im Epo-Genlocus eine Interaktion zwischen dem 5'-Promotor und dem 3'-Enhancer, welcher durch den Hypoxie-induzierbaren Faktor-1 (HIF-1) aktiviert wird.

Schlussfolgerung: Der Transkriptionsfaktor Wt1(-KTS) reguliert unter Normoxie die gewebespezifische Expression des Epo durch Bindung an den minimalen Epo-Promotor.