Z Geburtshilfe Neonatol 2005; 209 - V5
DOI: 10.1055/s-2005-871337

Blutglucosespiegel bei Frühgeborenen ≤1500g – Korrelieren rezidivierende Hyperglykämie und/oder der mittlere Blutzuckerwert mit erhöhter Morbidität und Mortalität?

K Heimann 1, U Merz 1, R Kwiecien 2, T Peschgens 1, H Hörnchen 1
  • 1Klinik f. Neugeb.- u. Konservative Kinderintensivmedizin
  • 2Institut für Medizinische Statistik, Universitätsklinikum Aachen, D

Problem: Eine Absenkung des Blutglucosespiegels auf Werte ≤ 110mg/dl mittels intravenöser Insulinapplikation reduziert bei intensivmedizinisch behandelten Erwachsenen die Morbidität und Mortalität [1]. Bei Frühgeborenen ≤ 1500g wurde dies bisher nicht untersucht. Wir wollen feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen wiederholt auftretenden Spitzenblutglucosespiegeln ≥ 150mg/dl und/oder der Höhe des mittleren Blutzuckerwertes innerhalb der ersten Lebenswoche und der Morbidität und Mortalität solcher Kinder besteht.

Patienten und Methoden: Bei zwischen 1995 und 1999 stationär behandelten Frühgeborenen ≤ 1500g wurden u.a. folgende Daten erhoben: Anamnestische Daten, Blutzuckermessungen zu drei bestimmten Zeitpunkten des Tages (kapillär; arteriell), Anzahl Blutglucosespiegel ≥ 150mg/dl, Bestimmung des mittleren Blutzuckerwertes, Einteilung in Patientengruppen mit keinem (G 1), mit 1–3 (G 2), oder ≥ 4 (G 3) Blutzuckerwert(en) ≥ 150mg/dl, sowie der mittlere Blutzuckerwert (G4), Morbidität in Form von IVH, ROP und Sepsis sowie Exitus letalis.

Ergebnisse: 252 Patienten, G1 n=82, G2 n=125 und G3 n=45. Geburtsgewicht und Schwangerschaftswoche lagen im Durchschnitt bei 952g bzw. 27,4. Die Rate für IVH lag bei G3 im Vergleich zu G1 und G2höher (35,6% vs. 20% bzw. 18,1%, p=0,059), die Höhe des mittleren Blutzuckers hatte hier keinen Einfluss (p=0,0516). Bei der Sepsis (G1 28,8,%, G2 22,8%, G3 35,6%, p=0,2336; G4 p=0,6655) und der ROP (G1 2,5%, G2 3,9%, G3 2,2%, p=0,8940; G4 p=0,2177) ergaben sich keine Unterschiede. In der Gruppe G3 sind mehr Patienten verstorben, als in den Gruppen G1 und G2. (G3 22,2% vs. G1 7,5% bzw. G2 13,4%, p=0,0681) und in der Gruppe 4 sind signifikant mehr Patienten mit einem erhöhten mittleren Blutzuckerwert verstorben (p<0,0001)

Schlussfolgerung: Frühgeborene mit erhöhtem mittleren Blutzuckerwert haben eine signifikant erhöhte Mortalität, so dass nicht die Spitzenspiegel, sondern eher ein im Mittel höherer Blutzuckerwert Einfluss zu haben scheint. Wie groß jedoch der Einfluss einer Senkung des Blutzuckerniveaus insgesamt ist, kann nur in einer prospektiven Untersuchung geklärt werden.

1:V. d. Berghe G. et al.: Intensive insulin therapy in critically ill patients. NEJM 2001; 345:1359–67