Zentralbl Gynakol 2005; 127 - V60
DOI: 10.1055/s-2005-870725

Pränatale Beurteilung von bradykarden fetalen Herzrhythmusstörungen mittels arterieller und venöser Farbdopplersonographie

S Spahn 1, K Sader 1, Hübner 2, C Kampmann 3, F Bahlmann 1
  • 1Frauenklinik des Bürgerhospitals Frankfurt, Dr. Senckenbergische Stiftung
  • 2Clementinen-Kinderklinik, Frankfurt
  • 3Universitäts-Kinderkardiologie, Mainz

Fragestellung: Bradykarde Herzrhyhtmusstörungen sind selten und haben einen Anteil von ca. 5% aller fetalen Arrhythmien. Die Ursachen für diese Störung liegen in ca. 40% bei strukturellen Herzfehlern und in 60% bei vaskulären Kollagenosen begründet. Aufgrund der niedrigen Inzidenz ist die intrauterine Diagnostik und hämodynamische Beurteilung des Feten noch wenig evaluiert. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Darstellung der verschiedenen arteriellen und venösen Dopplerflussspektren und der Versuch einer Klassifikation der Bradyarrhythmie.

Methode: 9 Feten mit einer persistierenden Bradykardie wurden während der Schwangerschaft mittels farbkodierter Dopplersonographie untersucht. Die fetalen Blutflussgeschwindigkeiten wurden aus der A. umbilicalis, Aorta descendens, V. cava inferior und aus dem Ductus venosus unter standardisierten Messbedingungen analysiert. Die Messung der fetalen Dopplerfrequenzspektren aus der Aorta descendens und der V. cava inferior erfolgte simultan mit einem Referenzableitungsort zwischen Zwerchfell und Nierengefäße.

Ergebnisse: Von den 9 Feten mit einer bradykarden Herzarrhythmie wurde in einem Fall eine Sinusbradykardie mit einer fetalen Herzfrequenz von 92 Schlägen pro Minute, in zwei Fällen ein Heterotaxiesyndrom und in 6 Fällen eine komplette atrioventrikuläre Überleitungsstörung (sog. AV-Block) pränatal diagnostiziert. Als Folge des verlängerten Herzzyklus finden sich bei der Sinusbradykardie in den arteriellen Gefäßen erniedrigte antegrade enddiastolische Blutflussgeschwindigkeiten. Die Strömungsprofile des Ductus venosus und der V. cava inferior weisen ein unauffälliges Blutflussprofil auf. In den zwei Fällen mit Heterotaxiesyndrom lag die fetale Herzfrequenz bei 46 und 52 Schlägen pro Minute. Das Dopplerflussprofil in den arteriellen Gefäßen ist durch eine prolongierte diastolische Phase mit niedrigen systolischen und sehr niedrigen enddiastolischen Flussgeschwindigkeiten charakterisiert. Das Dopplerflussprofil im Ductus venosus und in der V. cava inferior zeigt regelmäßig wiederkehrende negative Flussprofile während der Vorhofkontraktion auf, mit im Wechsel nachweisbaren drei- bis vierfach höheren retrograden Geschwindigkeiten während jeder zweiten Kontraktion. Dieses Dopplerfrequenzspektrum wurde einem AV-Block II° vom Typ Mobitz zugeordnet. Beide Feten wiesen eine Kardiomegalie sowie einen generalisierten Hydrops fetalis auf und verstarben mit 17 und 24 Schwangerschaftswochen. In den übrigen 6 Fällen wurden bei fünf Schwangeren positive Autoimmunantikörper (Ro, La) im maternalen Serum nachgewiesen. Die Primärdiagnose des kompletten AV-Blocks lag im Median bei 24 (22–28 SSW) Schwangerschaftswochen, die fetale Herzfrequenz betrug im Median 67 Schläge pro Minute (58–78 Spm). Die arteriellen Dopplerfrequenzspektren zeigten während der Schwangerschaft einen identischen Verlauf mit niedrigen systolischen und sehr niedrigen enddiastolischen Geschwindigkeiten während des prolongierten Herzzykluses. Das Dopplerfrequenzspektrum des Ductus venosus zeigte während der aufeinanderfolgenden Vorhofkontraktionen innerhalb eines bradykarden Zyklus eine kontinuierliche Abnahme der Flussgeschwindigkeiten bis hin zu einem retrograden Fluss. Alle 6 Feten wurden mittels primärer Sectio caesarea gesund entbunden und erhielten postpartual eine Herzschrittmachertherapie.

Schlussfolgerung: Das Frequenzspektrum des Ductus venosus ist bei der Bradyarrhythmie abhängig von der fetalen Herzfrequenz sowie von der Art der atrioventrikulären Blockierung. Bei einer Herzfrequenz unterhalb von 50 Spm sowie bei Nachweis eines permanenten retrograden Flusses während der Vorhofkontraktion ist die fetale Prognose sehr ungünstig und in aller Regel mit einem hydropischen Geschehen assoziiert.