Zentralbl Gynakol 2005; 127 - V23
DOI: 10.1055/s-2005-870688

Vaginaefixatio sacrospinalis versus abdominale Sacrokolpopexie – Ein Vergleich zweier Op-Methoden zur Versorgung höhergradiger Senkungszustände

R Mascus 1, A Dengler 1, M Houf 1, S Möllmann 1, S Dodidou 1, G Hoffmann 1
  • 1Frauenklinik St. Josefs-Hospital, Wiesbaden

Fragestellung: Wie unterscheiden sich beide Op-Methoden hinsichtlich der Effektivität und Stabilität sowie Rezidivneigung beim Descensus genitalis? Gibt es präoperativ zu diagnostizierende Kriterien, wonach die Auswahl der OP-Methode eindeutig getroffen werden kann?

Methode: In den Jahren 2003/2004 wurden mit den oben genannten Operationen 99 Patientinnen behandelt.

Kriterien, die die Auswahl der OP-Methode bestimmten waren außer der sexuellen Aktivität der Patientin, die Operabilität, das Prolapsstadium, das gleichzeitige Vorhandensein eines Rektumprolapses und die Scheidenlänge.

Sechs Monate postoperativ wurden die Patientinnen einer standardisierten Nachuntersuchung unterzogen, um den Therapieerfolg zu überprüfen. Berücksichtigt wurde in diesem Zusammenhang auch eine postoperativ persistierende oder sich verschlechterte Harninkontinenz.

Ergebnisse: In der Gruppe der Sakrokolpopexie (SKP) waren 72% der Frauen sexuell aktiv, in der Gruppe der Vaginaefixatio (VF) waren es 43%. Der Anteil der ASA III- und ASA IV- Patientinnen betrug 13% in der SKP-Gruppe und 22% in der VF-Gruppe.

23% der SKP-Patientinnen sowie 30% der VF-Gruppe gehörten dem Prolapsstadium III und IV nach ICS-Klassifikation an, sodass in beiden Gruppen etwa gleich, über 2/3 dem Prolapsstadium I und II zuzuordnen waren. Alle Patientinnen, bei denen gleichzeitig ein Rektumprolaps vorlag erhielten eine abdominale SKP in Kombination mit einer Rektopexie und Sigmateilresektion. Alle Patientinnen, bei denen aufgrund einer zu kurzen Scheidenlänge das Lig. sacrospinale nicht erreichbar war, erhielten ebenfalls eine SKP zur Scheidenstumpffixierung.

Die im Follow-up untersuchte Effektivität der OP-Methode zeigte sich in einem stabilen Scheidenstumpf in 94% (VF) und 97% (SKP). Daraus folgt eine Rezidivrate im Sinne eines Scheidenstumpfdescensus von 6% bei der VF und 2,8% bei der SKP. De-novo Zystozelen traten in der VF-Gruppe in 17%, in der SKP-Gruppe in 2% auf.

Keine der OP's führte postoperativ zu einer Verschlechterung einer präoperativ bereits bestehenden Harninkontinenz. Bei 8% der mittels VF und bei 10% der mittels SKP operierten Patientinnen besserte sich eine präoperativ bestehende Harninkontinenz allein durch die Descensus-OP. In der SKP-Gruppe kam es allerdings in 6% zum Auftreten einer de-novo-Harninkontinenz.

Dyspareunien wurden bei keiner der operierten Patientinnen beobachtet.

Schlussfolgerung: Das Ziel der Scheidenstumpffixierung beim Genitaldescensus wird mit beiden OP-Methoden erreicht. Die Rate der postoperativ entstandenen Zystozelen ist bei der VF über acht mal höher als bei der SKP, weswegen bei dominierendem anteriorem Descensus, insbesondere bei zusätzlich deutlichem Lateraldefekt die SKP vorzuziehen ist. Eine Verschlechterung einer Harninkontinenz wurde nicht beobachtet, dagegen durchaus eine Verbesserung der präoperativ bestehenden Harninkontinenz, was unser Konzept der zweizeitigen OP bei gleichzeitigem Vorliegen von Descensus und Harninkontinenz bestätigt.

Das evtl. gleichzeitige Vorliegen eines Rektumprolapses sowie die Scheidenlänge sind wichtige Kriterien, die präoperativ berücksichtigt und in die Entscheidungsfindung zur Auswahl des OP-Verfahrens einbezogen werden müssen. Die sexuelle Aktivität der Patientin dagegen scheint als Entscheidungskriterium nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, da nach unserem Follow-Up auch in der Gruppe der VF keine Dyspareunien angegeben wurden.