Ist die Fibromyalgie eine Erkrankung? Erwiderung 1

Erwiderung Nr. 1: Die Stellungnahme des Kollegen Hakimi ist eine wichtige Ergänzung der Kontroversen zur Fibromyalgie und verweist zu Recht auf die sozialmedizinischen Konsequenzen. Er grenzt dabei, wie auch meinen Ausführungen zu entnehmen ist, den Krankheitsbegriff im umfassenden biopsychosozialen Verständnis von der Krankheit im Sinne einer eigenen Entität ab. Dies berührt das heutige Verständnis von Krankheit als „Verobjektivierung“ von Symptomen bei einem streng pathophysiologisch verankerten Kausalitätsdenken. Dem gegenüber steht das subjektive Krankheitsgefühl, der Leidensdruck des Patienten, der ungeachtet einer fehlenden objektivierbaren Befundung einer strukturellen oder auch funktionellen Pathogenese behandlungsbedürftig bleibt. Die Contraposition meines Artikels bezieht sich ja auch nicht auf die Ablehnung der Behandlungsbedürftigkeit, sondern auf die Kontroverse in der Einschätzung der Fibromyalgie als eine neu zu definierende somatische Entität oder als eine komplexe psychosomatische Störung. Das fehlende Verständnis von den komplexen biopsychosozialen Zusammenhängen nicht nur bei den betroffenen Patienten, sondern auch bei vielen Behandlern, führt letztendlich eher zu unsinnigen Erklärungskonzepten mit der Überbewertung unspezifischer Laborbefunde oder der Hoffnung einer kausalen Therapie durch „Alternativheilmethoden“, so wie es Kollege Hakimi treffend ausführt.

Dem letzten Satz seines Leserbriefes, dass es besonders wichtig sei, „Fibromyalgiepatienten möglichst bald einer qualifizierten (psychosomatischen) ärztlichen Behandlung zuzuführen“, ist nichts mehr hinzuzufügen.