Gesundheitswesen 2005; 67 - 66
DOI: 10.1055/s-2005-865588

Sind Karies und Parodontitis primär ein Zahnputzproblem?

S Burgemeister 1
  • 1Abteilung für Parodontologie, Poliklinik für Zahnerhaltung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Die klassische Theorie der Genese von Parodontalerkrankungen beinhaltet die Vorstellung, dass die supragingivale Plaqueakkumulation über eine dadurch verursachte Gingivitis ein bedeutsamer Faktor für die Entstehung der Parodontitis sei. Tatsächlich aber ist die Prävalenz zumindest schwerer Verlaufsformen in Kollektiven ohne und solchen mit guter Mundhygiene in etwa gleich. Klinische Langzeitstudien zeigen zudem, dass unter den Bedingungen des parodontalen Recalls die Qualität der häuslichen Mundhygiene keinen signifikanten Einfluss mehr auf das Risiko weiterer Attachment- und Zahnverluste hat. Umgekehrt ist ohne professionell durchgeführte subgingivale Recallmaßnahmen auch eine gute Mundhygiene allein nicht in der Lage, bei tieferen Taschen Entzündungen und weitere Attachmentverluste zu verhindern. Lediglich für die Wundheilung nach parodontalchirurgischen Eingriffen lässt sich ein positiver Effekt optimaler Mundhygiene nachweisen.

Der Einfluss der Mundhygiene auf die Kariesentstehung ist demgegenüber größer und hängt vor allem von der Fluoridwirkung ab. Die Wirkung rein mechanischer Plaqueentfernung wie z.B. beim Gebrauch von Zahnseide ist dagegen umstritten. In Studien konnte zudem gezeigt werden, dass die alleinige Plaquemenge nicht mit der Kariesprogression korreliert ist. Die Applikation von Fluorid durch die tägliche Mundhygiene ist in der Lage, den Karieszuwachs zu hemmen. In Fällen mit besonders hohem Kariesrisiko zeigt sich allerdings, dass sich auch durch eine Intensivierung der Fluoridprophylaxe keine wesentliche Steigerung dieses Effekts mehr erzielen lässt.